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Keine Stabilisierung ohne Risiko: Deutschland darf den Irak jetzt nicht allein lassen

Deutschland darf den Irak auch angesichts der Spannungen zwischen dem Iran und den USA nicht allein lassen, schreibt BAKS-Präsident Brose.
Autor: 
Brose, Ekkehard

Der tödliche US-Luftangriff auf den Befehlshaber der iranischen Al-Kuds-Brigaden, General Suleimani, in Bagdad führt den Irak erneut an den Rand des Abgrunds. Das Schicksal des Mittleren Ostens liegt auch in der Waagschale Irak. Die Terrormiliz IS ist – trotz aller Erfolge – nicht dauerhaft besiegt. All das darf Deutschland nicht gleichgültig sein.

Das Zweistromland ist ein Seismograph, der höchst empfindlich auf die Erschütterungen in seiner Region reagiert. Hier verlaufen die Bruchlinien zwischen den Schia- und Sunni-Glaubensgemeinschaften sowie ethnische Grenzen zwischen arabisch und kurdisch geprägter Welt. Die Einflussbereiche äußerer Mächte – die Türkei im Nordwesten, der Iran im Osten und Saudi-Arabien im Süden – kreuzen sich in Irak. Logistische Verbindungslinien führen von Iran durch den Irak nach Syrien. Die USA sind sowohl militärisch als auch politisch stark engagiert. Aber auch Russland pflegt weit zurückreichende Verbindungen und liefert Rüstungsgüter in den Irak. Die Erdölexporte des Irak gehen von Basra, das direkt an der Grenze zu Iran liegt, vor allem in den Fernen Osten. Geht es dem Irak besser, kann auch der Mittlere Osten Hoffnung schöpfen. Doch dieser Schluss gilt auch umgekehrt.

Die Überwindung der Terrorherrschaft des IS und die Stabilisierung des Irak waren das Ziel der deutschen Politik seit 2014. Die Bundesregierung hat mit guten Gründen einiges riskiert und viel investiert in den Irak, in seine Unabhängigkeit. Deutschland unterstützte den militärischen Kampf gegen den IS, legte aber von Beginn an den Schwerpunkt auf die Förderung ziviler Maßnahmen, die bis heute die Rückkehr des allergrößten Teils der Bevölkerung in die befreiten Gebiete ermöglicht haben. Diese Leistungen der Anti-IS-Koalition sind im Irak wie international anerkannt und besonders mit dem deutschen Namen verknüpft.

Nach alledem: Es darf Deutschland nicht gleichgültig sein, was nun aus dem Irak wird. Der Irak braucht gerade jetzt vertraute Partner. Deutschland ist einer der wichtigsten. Deutsche Politik muss die amerikanische in Rechnung stellen, nicht kopieren. Jede Unterstützung in der gegenwärtigen Lage ist mit Risiko behaftet; sie sollte sicherheitspolitische und zivile Maßnahmen kombinieren. Vorbedingung für das Engagement der Bundesrepublik ist und bleibt natürlich der Wille der irakischen Regierung. Das alles sollte bedenken, wer sich zur weiteren Rolle Deutschlands in diesem von jahrzehntelangen Konflikten geschundenen Land einlässt.

Botschafter Ekkehard Brose ist Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik. Zuvor war er Beauftragter für Zivile Krisenprävention und Stabilisierung im Auswärtigen Amt und von 2014 bis 2016 Deutscher Botschafter im Irak. Der Autor gibt seine persönliche Meinung wieder.

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