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Wirtschaftsforum - Energie und Rohstoffe

Dienstag, 9. November 2010

Energie und Rohstoffe – Sicherheitspolitische Risiken künftiger Versorgungssicherheit

Silizium
Quelle: BMU/Christoph Busse/transit.

Forum "Strategischer Dialog Staat und Wirtschaft" - Energie und Rohstoffe

"Versorgungssicherheit mit Rohstoffen" und die "Transportsicherheit" waren die beiden Themenbereiche, die im Rahmen des diesjährigen Wirtschaftsforums der BAKS mit Referenten und Teilnehmern aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Industrie diskutiert wurden.
Einerseits neigen sich einige Ressourcen, vor allem die fossilen Energieträger wie Öl ihrem natürlichen Ende zu, andererseits wird der Zugang zu dringend benötigten, vor allem nichtenergetischen Rohstoffen wie Metallen und Seltenen Erden, eingeschränkt. Letzteres ist in erster Linie auf Konflikte in rohstoffreichen Staaten (Kongo), Exportbeschränkungen (China), Handelsembargos (Iran) und die Nichtnutzbarkeit von Lagerstätten (Deutschland und Europa) zurückzuführen. Daher ist eine Diversifizierung der Lieferquellen politisch ebenso geboten wie eine Verstärkung des Recyclings und Nutzung heimischer Vorräte. Pipelines hingegen sind ein besonders verletzlicher Teil Kritischer Infrastruktur, deren völliger Schutz unmöglich ist. Redundante Strukturen sind daher vielversprechender als umfassende Überwachung.

„Wirtschaftskraft als Voraussetzung außen- und sicherheitspolitischer Spielräume“

Der strategische Dialog zwischen der Wirtschaft und dem Staat begann traditionell mit einem festlichen Abendessen, bei dem der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Dr. Werner Hoyer, MdB eine Dinner Speech zum Thema „Wirtschaftskraft als Voraussetzung außen- und sicherheitspolitischer Spielräume“ hielt. Er betonte die Wechselwirkung zwischen Wirtschaft(-spolitik) sowie Außen- und Sicherheitspolitik. Eine starke Wirtschaft ermögliche natürlich Spielräume in der Außen- und Sicherheitspolitik, doch Wirtschaftskraft könne auch als Folge guter Außenpolitik verstanden werden. Deutschland profitiere hier enorm von seinem positiven internationalen Image, seiner Soft Power und der wertegeleiteten Politik. Die Wahl Deutschlands in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen für 2011 und 2012 zeuge hiervon. Damit das auch so bleibe, müsse die Integrationsdebatte sich mehr auf die Willkommenheißung hochgebildeter Ausländer fokussieren.

„Ressourcenmangel und Ressourcensicherung – nationale und europäische Perspektiven für das 21. Jahrhundert“

Zu diesem Thema hielt der Berater der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) Dr. Friedemann Müller am zweiten Veranstaltungstag die Keynote.
Er unterschied zwischen energetischen und mineralischen Rohstoffen, einschließlich der metallischen Rohstoffe. Bei den Mineralischen bestehe keine unmittelbare Knappheit und auch wenn der deutsche Zugang zu ihnen teils begrenzt sei, habe Deutschland heute ein deutlich besseres Verhältnis zu den Staaten, die diese Rohstoffe exportieren. Hierzu zählen vor allem Südafrika, zu dem sich das Verhältnis seit Ende der Apartheid gebessert hat, Russland, das vor knapp 20 Jahren noch die Sowjetunion war und China, das vor Jahren noch einen viel radikaleren Kommunismus betrieb. Bei den Energierohstoffen, vor allem beim Öl, sei die Lage kritischer: 94 Prozent des globalen Transports würden mit Hilfe von Öl betrieben und der globale Produktionshöhepunkt würde je nach Studie aller Vorausicht nach noch in diesem Jahr erreicht. Die Knappheit ergäbe sich aus diesem „Peak Oil“ sowie der steigenden Nachfrage asiatischer Schwellenländer. Dr. Müller betonte, dass diese steigende Nachfrage legitim sei und niemand der chinesischen Bevölkerung ihren Wunsch nach Mobilität absprechen könne. Für Deutschland und Europa bedeute das die Notwendigkeit, den eigenen Energieverbrauch drastisch zu reduzieren. Sonst könnten Konflikte uneinschätzbaren Ausmaßes über Einfluss in rohstoffreichen Regionen entstehen. Bei Erdgas hingegen sei die Lage weniger kritisch. Hier bestehe vor allem das Problem des Transports durch die gegebenen Pipeline-Strukturen bzw. der einseitigen Abhängigkeit von den langfristigen Verträge deutscher Unternehmen mit GAZPROM.

Dr. Friedemann Müller, Berater der Stiftung Wissenschaft und Politik
Quelle: Bundesakademie für Sicherheitspolitik

„Der Zugang zu Ressourcen als Staatsaufgabe und unternehmerische Herausforderung – Stand und Perspektiven“

Die Wirtschaft muss sich selbst um ihre Versorgung mit Rohstoffen kümmern. Doch wie weit sollen oder müssen Flankierungsmaßnahmen der Politik gehen? Über dieses Spannungsfeld diskutierten im ersten Panel mit dem Titel „Der Zugang zu Ressourcen als Staatsaufgabe und unternehmerische Herausforderung – Stand und Perspektiven“ Dr. Stefan Mair, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverband der deutschen Industrie e.V. (BDI), der Präsident der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Professor Dr. Hans-Joachim Kümpel und Dr. Robert Klinke vom Auswärtigen Amt.

In der Diskussion wurde deutlich, dass die deutsche Industrie sich in den Neunzigern auf preiswerte Rohstoffimporte verlassen und deshalb teils die Eigenproduktion eingestellt hat. Heute sind Rohstoffe teurer und Deutschlands Importabhängigkeit ist groß. Zwar verfügt vor allem China, was die Produktion von einigen Rohstoffen, insbesondere der Seltenen Erden, betrifft, über eine Monopolstellung. Bei der geologischen Verfügbarkeit ist die Situation aber anders. Auch in den USA, Grönland und Australien gibt es Vorräte Seltener Erden. Lagerstätten zu eröffnen ist jedoch sehr zeitintensiv und teuer, auf lange Sicht, weil der Rohstoffbedarf bei den Zukunftstechnologien stetig steigen wird, jedoch alternativlos. Die deutsche verarbeitende Industrie wünscht sich von der Politik, dass sie sich für die Wiederherstellung funktionierender Märkte einsetzt sowie in der Welthandelsorganisation (WTO) ein Streitschlichtungsverfahren bezogen auf Chinas Verhalten auf den internationalen Rohstoffmärkten anstrebt. Bilaterale Rohstoffpartnerschaften und Rückwärtsintegration, also Rohstoffgewinnung deutscher Unternehmen im ausländischen Bergbau, sind vielversprechende Strategien, die aber durch die fragile Staatlichkeit in rohstoffreichen Regionen erschwert werden. Deutschland ist das erste Land, das überhaupt eine nationale Rohstoffstrategie veröffentlicht hat. Darüber hinaus wird schon im Koalitionsvertrag die Rohstoffversorgung als ein zentrales Interesse Deutschlands definiert. Allerdings fehle es noch an einer ausreichenden Koordinierung zwischen AA, BMZ, BMWi und anderen Ministerien.

Hamburger Hafen
Quelle: Bundesakademie für Sicherheitspolitik

„Globale Transportsicherheit und Schutz Kritischer Infrastrukturen“

Über dieses zweite große Themenfeld des Forums diskutierten Franz-Josef Schneiders vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung in Bonn (BMVBS), der Leiter Zivile Notfallvorsorge der Deutschen Bahn AG Jochen Grimmelt sowie Dr. Christoph von dem Bussche, Geschäftsführer der Wingas Transport GmbH.

Es wurde deutlich, dass vor allem redundante Strukturen zur Transportsicherheit beitragen können. Bewaffnetes Schutzpersonal für Pipelines, wie es in anderen Ländern - siehe Russland oder Georgien - zum Einsatz kommt, erscheint im Sinne einer Abwägung von Kosten, Nutzen und Risiken nicht sinnvoll.

Auf europäischer Ebene würde mit einer Richtlinie der Kommission, auf deutscher Ebene mit dem Verkehrsleistungsgesetz und mit der Nationalen Strategie zum Schutz Kritischer Infrastrukturen (KRITIS-Strategie) für Transportsicherheit und Schutz Kritischer Infrastrukturen gesorgt. Zu starke Sicherheitsmaßnahmen wie etwa lückenloses Container-Scanning könnten den Verkehr verlangsamen und so selbst zum Risikoträger werden. Bei der Deutschen Bahn könne es keine exzessiven Kontrollen geben, da sie ein offenes System sei und als solches durchlässig bleiben müsse. Dennoch investiere die Bahn viel in Sicherheit und arbeite eng mit relevanten Behörden und Ministerien wie der Bundespolizei, dem Bundesministerium des Innern (BMI), dem Technischen Hilfswerk (THW) und dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) zusammen. In Zukunft müssten Transportunternehmen ein größeres Augenmerk auf mögliche IT-Angriffe legen.

Fazit

Der Präsident der BAKS, Generalleutnant a.D. Kersten Lahl, betonte zum Abschluss die Notwendigkeit, zwischen Sicherheit und Freiheit abzuwägen und erklärte, dass es absolute Sicherheit niemals geben könne. Die im Rahmen des diesjährigen Wirtschaftsforums diskutierten Themen zeigten lebhaft, dass Sicherheitspolitik heute nicht mehr von anderen Politikfeldern getrennt betrachtet werden könne. Ein strategischer Dialog zum Erkenntnisgewinn über verschiedene Bereiche sei erforderlich zur Entwicklung eines strategischen Blicks auf Sicherheitspolitik, der die Entwicklung langfristiger Taktiken und Zukunftsvisionen ermögliche.

Im Anhang finden Sie einen Auszug aus der Tagungsmappe, den Redetext von Dr. Müller sowie jetzt auch einige Videostreams von der Veranstaltung.

Autor: Leonie Feuerbach, Manfred Bohr