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The Impact of the UN Security Council on the Protection of Children in Armed Conflict

Mittwoch, 25. Mai 2011

Am 24. und 25. Mai 2011 fand an der Bundesakademie für Sicherheitspolitik in Kooperation mit dem Auswärtigen Amt, der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) sowie dem Fürstentum Liechtenstein ein Experten-Workshop in englischer Sprache zum Thema The Impact of the UN- Security Council on the Protection of Children in Armed Conflict statt. Die Thematik des Workshops ging inhaltlich bewusst über die Problematik von „Kindersoldaten“ hinaus. 

Eine Dame steht an einem Rednerpult

Die UN-Sonderbeauftragte für "Kinder und bewaffnete Konflikte", Rhadika Coomaraswamy am Rednerpult
Quelle: Bundesakademie für Sicherheitspolitik

Am 24. und 25. Mai 2011 fand an der Bundesakademie für Sicherheitspolitik in Kooperation mit dem Auswärtigen Amt, der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) sowie dem Fürstentum Liechtenstein ein Experten-Workshop in englischer Sprache zum Thema The Impact of the UN- Security Council on the Protection of Children in Armed Conflict statt. Die Thematik des Workshops ging inhaltlich bewusst über die Problematik von „Kindersoldaten“ hinaus. Vielmehr nahm sie die spezifischen Bedrohungen von Kindern und Verbrechen gegen Kinder in bewaffneten Konflikten insgesamt in den Blick, welche Gegenstand eines besonderen völkerrechtlichen Schutzmechanismus auf UN-Ebene sind. Zu den sechs Haupt-Verbrechen gegen Kinder in bewaffneten Konflikten, die allesamt als Kriegsverbrechen geahndet werden, zählen die Tötung und Verstümmelung von Kindern, die Rekrutierung von Kindersoldaten, der Angriff auf Schulen, die Verweigerung humanitärer Hilfe für Kinder sowie die Entführung von Kindern und sexuelle Gewalt gegen Kinder. Besondere Aktualität hatte die Workshop-Thematik im Hinblick auf die Rolle Deutschlands, das derzeit den Vorsitz in der Arbeitsgruppe „Children and Armed Conflicts“ im UN-Sicherheitsrat übernommen und damit gewisse Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen des UN-Schutzmechanismus hat.

Entsprechend breit angelegt waren die fachlichen Panels des Workshops: Neben Fragen der Implementierung völkerrechtlicher Normen sowie den Initiativen und Instrumenten des Sicherheitsrats ging es auch um die Wirkungen und Herausforderungen des UN-Mechanismus in Konfliktgebieten. Ziel des Workshops war es, Experten aus Ministerien, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Durchführungsorganisationen zu einem vertraulichen und konstruktiven Erfahrungsaustausch zusammenzubringen und dadurch die Kooperation der verschiedenen Akteure auf diesem Gebiet zu stärken. Die Ergebnisse dieses Workshops lieferten fachlich abgestimmte Impulse für die deutschen Initiativen im Sicherheitsrat und konnten damit zur Politikberatung beitragen.

Den Auftakt des Workshops machte eine keynote speech von Ralf Willinger, dem Kinderrechtsexperten von Terre des Hommes und Koordinator des Deutschen Bündnisses gegen Kindersoldaten. Willinger gab einen breiten Überblick über die Situation von Kindersoldaten in den verschiedenen Konfliktregionen Afrikas und Asiens. Weltweit gebe es ca. 250.000 – 300.000 Kindersoldaten, neuerdings auch in Libyen; mehr als eine Milliarde Kinder seien von Krieg und bewaffneten Konflikten betroffen. Willinger informierte über Ansätze völkerstrafrechtlicher Verfolgung von Kriegsverbrechern und War Lords, die Kindersoldaten rekrutiert hätten und verwies dabei auf aktuelle Verfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag (etwa gegen den kongolesischen Rebellenführer Lubanga) aber auch vor nationalen Gerichten. In Stuttgart sei gerade der Prozess gegen den Rebellenführer Murwanashyaka eröffnet worden, der aus Mannheim per Handy und e-mail Gräueltaten der ruanderischen Befreiungsmilizen FDLR im Ostkongo befohlen haben soll. Willinger informierte weiter über Ansätze der Reintegration ehemaliger Kindersoldaten sowie über die sog. „Rote-Hände-Kampagne“ des Deutschen Bündnisses gegen Kindersoldaten. Schließlich ging er noch auf den sogenannten Schattenbericht zu Kindersoldaten ein, der im Auftrag diverser Kinderrechtsorganisationen die Situation in Deutschland analysiert und insoweit eine Ergänzung zum offiziellen Staatenberichtsverfahren zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes (bzw. zum Fakultativprotokoll betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten) darstellt.

Das erste Panel, das sich mit Fragen des Völkerrechts und deren Umsetzung befasste, wurde von der Sonderbeauftragten des UN-Generalsekretärs für Kinder und bewaffnete Konflikte, Radhika Coomaraswamy, moderiert.

Zunächst referierte Prof. Dr. Matthew Happold von der Universität Luxemburg über die rechtlichen Grundlagen von Kinderrechten und dem Verbot der Rekrutierung von Kindersoldaten im Bereich der Menschenrechte, des humanitären Völkerrechts sowie des internationalen Straf- und Arbeitsrechts. Er wies auf die Vielfalt, das Nebeneinander und auf die teilweise doppelten Standards bei den unterschiedlichen rechtlichen Instrumentarien hin und zeichnete sodann die historische Entwicklung des normativen Rahmens nach. Auch behandelte er das Problem, inwieweit nicht-staatliche Gewaltakteure Adressaten der völkerrechtlichen Verbote sein können. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Schulen in Konfliktgebieten dauerhaft als militärische Waffendepots missbraucht und zweckentfremdet würden, wurde die Frage diskutiert, ob und inwieweit Schulen ein legitimes militärisches Ziel im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt sein könnten.
Als zweite Referentin des Panels zum Internationalen Rechts sprach Frau Dr. Vedrana Mladina vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag über die dort anhängigen Verfahren gegen Kriegsverbrecher, denen u.a. die Rekrutierung von Kindersoldaten vorgeworfen wird (z.B. Lubanga). Dabei ging Frau Mladina auch auf die rechtlichen und prozessualen Hürden in den Verfahren ein (z.B. Beweisschwierigkeiten bei der Altersbestimmung von Kindern; rechtliche Verantwortung in den Befehlsstrukturen).
Dritter Referent auf diesem Panel war Ives Manzanza Lumingu, Gastwissenschaftler von der Universität Kinshasa/Kongo. Er referierte über Gerichtsverfahren gegen diverse Rebellenführer vor nationalen Militärgerichten (z.B. gegen Jean Pierre Biyoyo), über die Umsetzung der völkerrechtlichen Vorgaben im nationalen Recht – die kongolesische Verfassung übernimmt etwa das (strafbewährte) Verbot einer Rekrutierung von unter 18-Jährigen, wie es im Zusatzprotokoll zur UN-Kinderkonvention statuiert wird – sowie über nationale Schritte zum Schutz vor Rekrutierung bzw. Reintegration von ehemaligen Kindersoldaten.

Ein Herr im Anzug steht an einem Rednerpult

Der liechtensteinische Botschafter Prinz von und zu Liechtenstein am Rednerpult
Quelle: Bundesakademie für Sicherheitspolitik

Kindersoldaten – Opfer und Täter?

Am 24. Mai 2011 ging es in der Veranstaltung im Historischen Saal der Bundesakademie für Sicherheitspolitik um Kindersoldaten – Opfer und Täter? Etwa 100 Gäste aus Politik, Verwaltung, Nichtregierungsorganisationen, den Medien und der interessierten Öffentlichkeit waren der Einladung der Bundesakademie gefolgt, die diesen Event als Rahmenprogramm zum Expertenworkshop The Impact of the UN-Security Council on the Protection of Children in Armed Conflict in Kooperation mit dem Auswärtigen Amt, dem Fürstentum Liechtenstein und der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) organisiert hatte.

Nach den Grußworten des Vizepräsidenten der BAKS, Dr. Thomas Kurz, seiner Durchlaucht Prinz Stefan von und zu Liechtenstein und dem Botschafter Dr. Georg Birgelen vom Auswärtigen Amt folgten die Ansprachen von John Kon Kelei, einem früheren Kindersoldaten der Sudan People's Liberation Army (SPLA) sowie von der Sonderbeauftragten des UN-Generalsekretärs für Kinder und bewaffnete Konflikte, Frau Radhika Coomaraswamy.

Herr Kelei, der nach seiner Reintegration eine bemerkenswerte Karriere als Jurist in den Niederlanden gemacht hat, engagiert sich heute für ehemalige Kindersoldaten in dem von ihm mitbegründeten Network of Young People Affected by War. Während Herr Kelei über seine persönlichen Erlebnisse als Kindersoldat reflektierte, berichtete Frau Coomaraswamy von den Stärken und Schwächen des sog. Berichts- und Kontrollmechanimus (Monitoring and Reporting Mechanism) der Vereinten Nationen zum Schutz von Kindern in bewaffneten Konflikten auf der Grundlage der UN-Resolution 1612.
Im Anschluss an die Ansprachen wurde nach einer kurzen Einführung durch den Regisseurs Eric D. Howell der Oscar-nominierte Kurzfilm „Ana´s Playground“ gezeigt. Der emotional sehr aufrührende Film ist eine Allegorie über Kinderspiel und Krieg, über Brutalität und Menschlichkeit sowie über Kinder und (Kinder-)Soldaten als Opfer und Täter.

Ein Herr steht an einem Rednerpult und hält eine Ansprache

Der ehemalige Kindersoldat John Jon Kelei am Rednerpult
Quelle: Bundesakademie für Sicherheitspolitik

Der Workshop wurde am nächsten Tag mit dem Panel „The Security Council and the Protection of Children in Armed Conflict: Development and Architecture of the Security Council Resolution 1612 Agenda” fortgesetzt.

Alec Wargo, Program Officer im Büro der Sonderbeauftragten für Kinder und bewaffnete Konflikte, gab einen Überblick über die Entwicklung der Initiativen und Instrumente des Sicherheitsrats im Bereich Kinderschutz in bewaffneten Konflikten. Wichtiges Anliegen war es, die verschiedenen Bereiche, Agenturen und Büros der Vereinten Nationen, wie z.B. Peacekeeping Operationen, das UN Kinderhilfswerk UNICEF etc., auf definierte Ziele zu fokussieren. Die Resolution 1612 gilt insoweit als Meilenstein. Hier wurden auch erstmals die sechs schweren Verletzungen gegen Kinder festgelegt.
Durch die Einrichtung einer Arbeitsgruppe im Sicherheitsrat zu Kindern und bewaffneten Konflikten beschäftigt sich nun das oberste Legitimations- und Exekutivgremium der Vereinten Nationen regelmäßig selbst mit dem Thema und kann mit seinen Instrumenten und somit auch dem Sanktionskomitee aktiv werden. Dies ist der große Unterschied zu anderen bestehenden Instrumenten der Vereinten Nationen, die nur beratende Wirkung haben. Des Weiteren wurde ein Monitoring- und Berichtsmechanismus etabliert, der systematisch die Lage der Kinder beobachtet, dokumentiert und in öffentlichen Berichten die schlimmsten Verbrechen anprangert. Dies führte dazu, dass staatliche und nichtstaatliche Konfliktparteien, die Kindersoldaten rekrutieren und benutzen, in jährlichen Berichten des Generalsekretärs an den Sicherheitsrat gelistet werden.
Mit der Resolution 1882 aus dem Jahr 2009 fügte der Sicherheitsrat auch das Töten und Verstümmeln von Kindern sowie Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt gegen Kinder als Prioritäten seiner Arbeit hinzu. Auch für diese Bereiche wurden nun gemeinsame Aktionspläne der Vereinten Nationen und der Konfliktparteien beschlossen, um die Verletzungen dieser fundamentalen Kinderrechte zu stoppen. Denn mit diesen Aktionen sollen vor allem das Verhalten der Staaten und nicht-staatlichen Gewaltakteure verändert werden. Zusätzlich wurde der Informationsaustausch zwischen der Arbeitsgruppe und dem Sanktionskomitee verstärkt, um gegen persistente Menschenrechtsverbrecher mit Sanktionen vorgehen zu können.

Ralph Schröer, der für Deutschland der Arbeitsgruppe des Sicherheitsrats vorsitzt, referierte zur Bedeutung des Vorsitzes für Deutschland: Das „Modell Kinderschutz“ fungiert als Vorbild für andere Opfer- und Menschenrechtsverletzungen wie z.B. sexuelle Gewalt in Konflikten - ein Thema, das mit der Sicherheitsratsresolution 1760 im Dezember 2010 neue Bedeutung gewonnen hat. Die Arbeitsgruppe kommt alle zwei Monate zu formalen Treffen zusammen, an denen die jeweiligen Botschafter teilnehmen. Zu den Aufgaben der Arbeitsgruppe gehören die Verhandlung und die Verabschiedung von Schlussfolgerungen des Sicherheitsrats zu den Länderberichten der Vereinten Nationen sowie die Briefe mit Empfehlungen an den UN-Generalsekretär, den Vorsitz des Sanktionskomitees oder die Konfliktparteien. Eine weitere wichtige Funktion der Arbeitsgruppe ist es sicherzustellen, dass das Thema Kinderschutz auch in andere Dokumente und Resolutionen des Sicherheitsrats Einzug hält und richtig repräsentiert wird.

Die Rolle der Nichtregierungsorganisationen in der Weiterentwicklung und Umsetzung des Monitoring und Berichtsmechanismus der Vereinten Nationen stellte Eva Smets vom Dachverband Watchlist dar. Zivilgesellschaftliche Organisationen sind zum einen wichtige Umsetzungspartner der Vereinten Nationen in den Konfliktländern, wo sie mit eigenen Berichten auf Menschenrechtsverletzungen aufmerksam machen. Zum anderen sind Netzwerke der Zivilgesellschaft wie Watchlist (bestehend aus Mitgliedsorganisationen wie Human Rights Watch, World Vision, Save the Children, Care, Norwegian Refugee Council und International Rescue Committee) wichtige Initiatoren und Advokaten für das Thema Kinderschutz auf der internationalen politischen Bühne. Eva Smets zeigte auf, wie der Monitoring- und Berichtsmechanismus in den Konfliktländern, aber auch auf globaler Ebene in den verschiedenen Gremien funktioniert. Über viele Verletzungen könnte allerdings mangels UN-Personal vor Ort noch nicht berichtet werden.

Im nächsten Panel berichteten Moni Shresta vom nepalesischen Kinderschutznetzwerk PPCC, Vedasto Nsanzugwanko, UNICEF Sudan, Dee Brillenburg Wurth, Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA), und Achim Koch von der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit in der Demokratischen Republik Kongo von der Situation in verschiedenen Konfliktländern. Die Bilanz der Wirkung der Maßnahmen des Sicherheitsrats und der Vereinen Nationen zeigten insgesamt ein gemischtes Bild.

In Konfliktländern wie Afghanistan erweist sich die Informationsbeschaffung betreffend schwere Menschenrechtsverbrechen an Kindern angesichts einer prekären Sicherheitslage vor Ort als große Herausforderung. Hinzu kommt, dass viele der Verbrechen aus Scham, oder weil sie in den Gesellschaften ein Tabu darstellen, von den Opfern nicht angezeigt werden. Als wichtiger Fortschritt der letzten Jahre wird der Aktionsplan der afghanischen Regierung für die Vermeidung von Kindersoldaten und seine Anhänge zu sexueller Gewalt bewertet. Zur besseren Umsetzung des Aktionsplans wurde ein Schnellwarnsystem von der afghanischen Armee für diese beiden Verbrechen eingesetzt.
Eine der Hauptaufgaben des Kinderschutzprogramms der UNAMA ist es, die afghanische Regierung bei der Umsetzung des vereinbarten Aktionsplans zu unterstützen. Dies geschieht z.B. durch Training und Ausbildung von Regierungsstellen, die für die Umsetzung des Aktionsplans verantwortlich sind. Auch andere Akteure wie ISAF, religiöse Führer, Menschenrechtsakteure und die Zivilgesellschaft sind wichtige Partner beim Versuch, gravierende Menschenrechtsverletzungen gegen Kinder zu verhindern.

Obwohl sich die sudanesische Armee sowie nicht-staatliche Gewaltakteure seit Jahren dazu verpflichtet haben, schwere Verletzungen von Kinderrechten zu vermeiden und zu verfolgen, wird immer wieder von neuen Rekrutierungen von Kindersoldaten berichtet. Die Anzahl von Kindern ist vor allem groß bei sudanesischen Binnenvertriebenen und Flüchtlingen, die wegen Krieg und Gewalt ihre Heimat verlassen mussten. Darüber hinaus haben viele Kinder auf der Flucht den Kontakt zu ihren Eltern und Familienangehörigen verloren und sind auf sich alleine gestellt. UNICEF versucht in dieser schwierigen Lage, die relevante Gesetzgebung, Politik und Maßnahmen zu unterstützen. Des Weiteren werden Verhandlungen sowohl mit der sudanischen Armee und den nicht-staatlichen Gewaltakteuren geführt, um auf schwere Verletzungen hinzuweisen.

Am Beispiel von Partnership for Protecting Children in Armed Conflict machte Moni Shresta deutlich, welche wichtige Rolle lokale zivilgesellschaftliche Organisationen in Konfliktländern bei dem Berichtsmechanismus des Sicherheitsrats spielen. Seit die „Task Force on monitoring and reporting“ (Arbeitsgruppe zu Monitoring und Berichterstattung) im November 2005 eingesetzt wurde, berichten lokale Nichtregierungsorganisationen regelmäßig und institutionalisiert zusammen mit internationalen zivilgesellschaftlichen Organisationen und UN Agenturen vor Ort wie UNICEF, dem UN Hochkommissariat für Menschenrechte OHCHR, dem UN Flüchtlingshilfswerk UNHCR und dem UN Büro für die Koordination humanitärer Hilfe OCHA über die Situation der Kinderrechte in Nepal. In Nepal wurden außerdem zur Verbesserung des Monitoring- und Berichtsmechanismus wichtige Schritte unternommen: z.B. Ausbildung und Training, die Entwicklung von gemeinsamen Berichtsformen und –standards, die Einsetzung eines formalen Referenzmechanismus, Risikoanalysen sowie die Anpassung und Weiterentwicklung der Aufgabenbeschreibung nach einer Evaluierung des Mechanismus. Obwohl die schwierige politische Lage funktionierende Rechenschaftsmechanismen im Moment unmöglich machen, gab es einige Erfolge zu berichten: So konnte z.B. nicht nur mit der Regierung, sondern auch mit den maoistischen Rebellen UCPN ein Aktionsplan verhandelt und unterzeichnet werden.

Achim Koch stellte ein erfolgreiches Kinderreintegrations-Programm vor, bei dem die deutsche Entwicklungszusammenarbeit in einem sehr schwierigen politischen und sozialen Umfeld im Osten der Demokratischen Republik Kongo die langfristige und nachhaltige soziale Reintegration von betroffenen Kindern fördert. Hierbei werden durch Bildungs- und Berufsausbildungsprogramme sowie durch psycho-soziale Projekte, die sich an lokalen Methoden orientieren, Kinder eingebunden, die durch die bewaffneten Konflikte zu Opfern wurden. Besondere Aufmerksamkeit wird dabei auch auf Mädchen gerichtet, die unter sexueller Gewalt leiden mussten. Da diese Mädchen aus Angst vor Ausgrenzung und gesellschaftlichem Stigma über die Gewalt nicht sprechen, stellt allein die Identifikation und Einbindung der Opfer in die Programme ein großes Problem dar. Das Reintegrationsprogramm läuft sehr erfolgreich und bisher wurde z.B. kein einziger Fall von Wiederrekrutierung von ehemaligen Kindersoldaten bekannt.

Vier Personen sitzen auf einer Bühne und sprechen miteinander

Panel - von links nach rechts: Eric D. Howell, Regisseur des Films "Ana´s Playground"; Dr. Thomas Kurz, Vizepräsident der BAKS; John Kon Kelei, ehem. Kindersoldat und Rhadika Coomaraswamy, UN-Sonderbeauftragte
Quelle: Bundesakademie für Sicherheitspolitik

In einem Abschlusspodium wurde beleuchtet, wie die Arbeitsgruppe im Sicherheitsrat den Schutz von Kindern in bewaffneten Konflikten weiter vorantreiben wird. Eine Gelegenheit, das Thema weiterzuentwickeln, wird die sogenannte „Open Debate“ (Offene Debatte) zum Kinderschutz in bewaffneten Konflikten im Juli 2011 im VN Sicherheitsrat selbst sein. Der deutsche Vorsitz in der Arbeitsgruppe des Sicherheitsrats strebt an, neben den bestehenden sechs gravierenden Verbrechen gegen Kinder auch den Tatbestand der systematischen Angriffe auf Schulen und Krankenhäuser als vierten sogenannten „Trigger“ (d.h. Auslöser für den Berichtsmechanismus) zu etablieren. Das Interesse der Mitgliedsstaaten und der internationalen Gemeinschaft am Themenfeld Kinderschutz in Konflikten sowie das konstruktive Klima in der Arbeitsgruppe zu erhalten, wurden als eine weitere Hauptaufgabe des Vorsitzes identifiziert.

Zu den Gremien, welche den Vorsitz und die Arbeitsgruppe beraten, gehören zum einen NGOs und NGO-Netzwerke wie Watchlist, aber auch die sogenannte Friends’ Group (Freundesgruppe), die sich aus Staaten zusammensetzt, die nicht Mitglied im UN-Sicherheitsrat sind. Diese Staaten führen einen regelmäßigen Dialog mit dem Vorsitz der Arbeitsgruppe und setzen sich dafür ein, dass auch in anderen Dokumenten und Vorhaben des Sicherheitsrates (wie z.B. Mandate für UN Peacekeeping Operations), das Thema Kinderschutz als bedeutendes Querschnittsthema Einfluss findet.
Vertreterinnen und Vertreter der Nichtregierungsorganisationen fordern ähnliche Neuerungen, betonten jedoch vor allem, dass „Angriffe auf Schulen“ als „Trigger“ nicht weit genug gefasst wäre. Angriffe sollten nicht auf physische Gebäude begrenzt werden, sondern müssen als „Angriffe auf Bildung“ weiter gefasst werden. Wichtig seien in diesem Zusammenhang auch die Problematik und Gefahren durch die parallele Nutzung von Schulgebäuden durch das Militär. Hierbei würden Schüler und Lehrer als menschliche Schutzschilder („human shields“) missbraucht. Effektive gezielte Maßnahmen (sogenannte „targeted measures“) wie Waffenembargos, das Einfrieren von Vermögenswerten und Einreiseverbote sollten gegenüber persistenten Menschenrechtsverbrechern verstärkt zum Einsatz kommen.

Alles in allem ein hochinteressanter Experten-Workshop, der authentische Expertise aus den NGOs vor Ort mit den politischen Entscheidern auf der UN-Ebene, den Verantwortlichen der internationalen Strafgerichtsbarkeit sowie der Wissenschaft zusammenbrachte, Probleme und Herausforderungen identifizierte und Perspektiven sowie Handlungsoptionen für die Politik aufzeigte.

Autor: Christine Meissler, Dr. Roman Schmidt-Radefeldt