Abschmelzen des Polareises, Artensterben, knapper werdende Ressourcen: Umwelt- und Klimaproblem werden zusehends zu unmittelbaren Sicherheitsbedrohungen für viele Staaten der Welt. „Die Wachstumszonen Asiens liegen alle am Meer.
Der Präsident der Bundesakademie, Dr. Hans-Dieter Heumann (l.), moderierte die lebhafte Diskussion im Anschluss an den Vortrag von Professor von Weizsäcker (r.)
Quelle: Bundesakademie für Sicherheitspolitik
Deshalb geht der Anstieg des Meeresspiegels alle an“, mahnte der international renommierte Naturwissenschaftler (Physiker und Biologe) und ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Professor Ernst Ulrich von Weizsäcker. In seinem Vortrag an der Bundesakademie für Sicherheitspolitik am 11. März hat er sich mit der Sicherheitsbedrohung befasst, die aufgrund von Umweltverschmutzung, Raubbau an der Natur und Klimawandel entsteht. Und er verwies auf Lösungswege, die seiner Meinung nach dazu dienen können, diesen neuen Sicherheitsbedrohungen begegnen zu können.
Bündnis mit China
Als Co-Präsident des Club of Rome setzt er sich dafür ein, grüne Wachstumsoptionen zu entwickeln und fordert dafür ein Bündnis zwischen Europa und China. Diese Aufforderung hat er in seinem Vortrag mehrfach wiederholt und gleichzeitig eine Abkehr von der „anglo-amerikanischen Denkweise“ empfohlen. Die Weltöffentlichkeit kennt den Club of Rome als eine Vereinigung von Wissenschaftlern, die seit der Veröffentlichung ihres Zukunftsberichts „Die Grenzen des Wachstums“ im Jahr 1972 Prozesse des Umdenkens in der Politik angeregt und beeinflusst hat.
Vor drei Jahren veröffentlichte von Weizsäcker das Buch „Faktor Fünf: Die Formel für nachhaltiges Wachstum“. Er ist überzeugt: „Wir müssen mindestens fünfmal so effizient werden im Umgang mit knappen Ressourcen und Energie wie bisher. Mit der Formel Faktor 5 kann man die Klimakrise einigermaßen meistern.“ Er strebt an, fünfmal mehr „Wohlstand“ aus einer Kilowattstunde zu gewinnen oder fünfmal mehr Kupfer aus einer Tonne Erz als bisher. Sein Credo lautet: höhere technische Effizienz. Schließlich drohten bereits Kriege um Ressourcen. Das „land grabbing“ Chinas und Saudi Arabiens rund um den Globus führe beispielsweise in Afrika bereits dazu, dass die Bevölkerung dort, wo Kupferbergwerke für Firmen dieser Länder erschlossen werden sollen, zu massiven Gegenmaßnahmen greife. Dieser Widerstand ginge soweit, so von Weizsäcker, dass die erworbenen Schürfrechte nicht genutzt werden könnten.
Von Weizsäcker fordert vor allem globales Umdenken und empfiehlt als unmittelbar wirksamen Schritt die bessere Nutzung von Ressourcen. Dazu nannte er zahlreiche Beispiele, darunter das sogenannte Passivhaus. Mit Blick auf sein eigenes Haus sagte er: „Wir verbrauchen kein Heizöl mehr.“ Diese Bauform ist nach seinen Worten „zehnmal so effizient wie ein Standardhaus“.
Prof. von Weizsäcker tritt für ein ökonomisches und ökologisches Bündnis von Europa mit China ein.
Quelle: Bundesakademie für Sicherheitspolitik
Erneuerbare Energie ein „ökologischer Albtraum“
Doch nicht alle jüngeren Öko-Überlegungen teilt von Weizsäcker: „Flächendeckende Solarzellenfelder, Windmühlenparks und Strom aus Alpenseen sind keine Lösung. Und der Ausbau von Maisfeldern zur Gewinnung von Öko-Energie hat dazu geführt, dass die Vogelvielfalt in Deutschland signifikant abgenommen hat. Es ist ein ökologischer Albtraum, wenn wir die erneuerbare Energie ausbauen.“
Vielmehr wünscht er sich „eine technische Revolution zum Nutzen der Natur“ und empfiehlt, neben seinem „Effizienzprinzip“ (Faktor Fünf) neue Forschungswege einzuschlagen. Auch glaubt der Wissenschaftler, dass „steigender Wohlstand und eine zunehmende Urbanisierung die besten Kräfte zur Bevölkerungsreduzierung sind“. Und eine geringere Erdbevölkerung verbrauche weniger Energie, so seine Logik.
„Eurasien“ als Garant für Sicherheit
Einen zweiten Schwerpunkt seiner Überlegungen bildete ein Werben für das „Zusammengehen Europas mit China“. Von Weizsäcker, der kurz zuvor in Schanghai den neuen Staatsführer Chinas, Xi Jinping, beraten hatte, sieht in der Volksrepublik einen Staat, der bereit ist, ökologisch und ökonomisch umzudenken, „im Gegensatz zu den USA“. China habe in den letzten dreißig Jahren seine Energie schrittweise verteuert (um damit die Bevölkerung zum Sparen zu animieren). Dieser Weg werde offenbar fortgesetzt. In den USA hingegen sieht er eine rückwärtsgewandte Energiepolitik, die aufgrund neuer Methoden von Ölgewinnung zu keinem Umdenken führe. Dabei verwies er auf das Gewinnen von Schieferöl und das sogenannte Fracking, eine Methode, die mit Hilfe von giftigen Chemikalien Erdgas aus tiefsten Erdschichten herausholt.
Weil die USA den herkömmlichen Erdöl-Weg fortsetzen, zählen sie für von Weizsäcker zu den Verlierern der Zukunft. „Ich aber will eine Allianz der Gewinnerländer. Wenn Europa die Euro-Krise meistert und die neue Fortschrittsrichtung (im Sinne von Faktor Fünf) entschlossen vertritt, sind wir zusammen mit Ostasien die Pioniere mit den entsprechenden Gewinnen“, prognostizierte von Weizsäcker. „Mit dem Aufbau eines friedlichen Eurasiens haben wir dann das Beste für die Sicherheit erreicht.“
Autor: Tom Goeller