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Modul 3: Verschiebungen im globalen Kräfteverhältnis

Montag, 30. März 2009

Tektonische Verschiebungen der globalen Machtverhältnisse beeinflussen nachhaltig und gravierend die Handlungsmöglichkeiten des Nationalstaates zur Politikgestaltung.

Die Lomonossow-Universität in Moskau
Quelle: Bundesakademie für SicherheitspolitiK

Globale Macht wird wesentlich durch das Vorhandensein von 4 zentralen Faktoren ermöglicht:

  • Politik (Bündnisse, Allianzen, bilaterale Verträge)
  • Wirtschaft (strategische Schlüsselindustrien, physischer und politischer Zugang zu Rohstoffen wie Erdöl und Erdgas, innovative Technik, starke und robuste Volkswirtschaft)
  • Militär (hochentwickelte Fähigkeiten der Armee, strategischer Lufttransport, maritime Aktionsfähigkeit auf allen Weltmeeren, gut ausgebildete und modern ausgestattete Heeresverbände, Besitz von Nuklearwaffen)
  • Kultur (Beeinflussung anderer Regionen und Länder mit Sprache, Populärkultur, Literatur, Film und gesellschaftlichen Werten und Normen)

Diese 4 Faktoren bilden kumulativ die Basis für globale Macht. Ein wenig ausgeprägter Faktor kann nur teilweise durch einen anderen Faktor kompensiert werden. Staaten, die über alle 4 Kategorien globaler Macht in ausgeprägter Stärke verfügen, dominieren internationale Organisationen und Regionen nach ihren Vorstellungen. Sie haben aufgrund der 4 klassischen Machtfaktoren die Möglichkeit der weltweiten Durchsetzung eigener Interessen durch globale Präsenz und Dominanz. An die derzeitige Stellung der USA im weltweiten Machtgefüge wird sich daher in absehbarer Zeit nichts ändern. Dieses Faktum ist für nationale Politikgestaltung der Ausgangspunkt und Referenzpunkt aller Überlegungen.

Die Kenntnis der globalen Zusammenhänge und die nüchterne Analyse der Gegenwart auf der Grundlage eines realpolitischen Verständnisses der Welt sind unverzichtbare Voraussetzung, um strategische Herausforderungen zu bewältigen. Nicht der erstrebenswerte Idealzustand des Sicherheitsumfeldes, sondern die Lageanalyse mit den 4 zentralen Pfeilern globaler Macht (Politik, Militär, Wirtschaft und Kultur) sind der Referenzpunkt für staatliches Handeln.

Aufstrebende Mächte wie China, Indien und Brasilien erreichen beachtliche Zuwächse im wirtschaftlichen Bereich, können jedoch weder in wirtschaftlicher, geschweige denn in militärischer oder kultureller Hinsicht die globale Machtkonstellation zu ungunsten der USA nachhaltig verändern. Als eine Erkenntnis der Studienreise des Seminars nach Moskau lässt sich konstatieren, dass Russlands Unterpfand für überregionale und teilweise globale Machtambitionen die Kernwaffen und das politische Gewicht als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat sind. Den Status als imperiale Macht hat Russland definitiv verloren, auch wenn diese Einsicht in Russland noch nicht Allgemeingut geworden ist.

Die Karten im globalen Kräftespiel werden durch die andauernde weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise neu gemischt. Alle Staaten sind von der Krise betroffen, werden jedoch mit unterschiedlichem Ergebnis aus der Krise treten: konsolidiert und gestärkt oder geschwächt und zerrüttet.

Autor: Oliver Juncker, Dr. Rafael Hoffmann