Aktuelles

Militärattachélehrgang 2012

Montag, 18. Juni 2012

Die Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) führte auch in diesem Jahr wieder ein  sicherheitspolitisches Seminar für die zukünftigen deutschen Verteidigungs- und Militärattachés durch, die in nächster Zeit an deutsche Auslandsvertretungen in aller Welt entsandt werden.

Eine Gruppe von Offizieren sitzt um einen Tisch verteilt. Auf dem Tisch liegen Arbeitsunterlagen

Die Arbeitsgruppe zur MENA-Region sitzt mit Dr. Hanspeter Mattes vom GIGA zusammen
Quelle: Bundesakademie für Sicherheitspolitik

Washington, Canberra, Riad, Tokio, Peking, Paris, London und Stockholm sind nur eine kleine Auswahl der zukünftigen Einsatzorte. Das Seminar ist seit Jahren integraler Bestandteil des deutschen Attaché-Verwendungslehrganges und bietet den Stabsoffizieren die Möglichkeit, ihre individuellen sicherheitspolitischen Kenntnisse zu vertiefen und neue Fragestellungen aufzugreifen. Obwohl der Militärattaché-Verwendungslehrgang im Rahmen seiner Ausbildung beispielsweise auch das Auswärtige Amt, das Bundesministerium der Verteidigung und internationale Organisationen besucht sowie sich intensiv mit deren Arbeit auseinandersetzt, liegt der Mehrwert des Seminars an der BAKS in der Vermittlung eines umfassenden, ressortübergreifenden Verständnisses von Sicherheitspolitik und damit einer „Vogelperspektive“ auf die sicherheitspolitische Landschaft.

Aufgrund der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit wurden für das diesjährige Seminar zwei aktuell relevante Themen deutscher Außen- und Sicherheitspolitik in den Mittelpunkt der Betrachtungen gestellt: Einerseits die Analyse deutscher Interessen und deren Umsetzung im internationalen Umfeld in Zeiten krisenhafter Entwicklungen und andererseits die Herausforderungen der geopolitischen Machtverschiebungen, die mit dem Aufstieg der Bedeutung des Raums Asien-Pazifik und der Ausrichtung der USA auf diesen Raum verbunden ist.

Vor allem in der Diskussion mit Dr. Clemens von Goetze (Abteilungsleiter 3, Auswärtiges Amt) und Professor Dr. Sven Gareis (George C. Marshall-Center) wurde deutlich, dass sich aufgrund einer zunehmend komplexer werdenden Welt mit vielfältigen gegenseitigen Abhängigkeiten (Ressourcen, Zugang zu den „Global Commons“, Demographie, Klimawandel) deutsche Interessen zukünftig aus dem verengten wirtschaftspolitischen und streitkräftefokussierten Blick lösen müssen. Gerade die genannten gegenseitigen Abhängigkeiten müssen zu einem politikfeld- und organisationsübergreifenden Handeln führen, wie Dr. Heiko Borchert (Sandfire AG, Schweiz) in seinem Vortrag ausführte.

Gerade im Bereich des Zugangs zu Ressourcen und der Sicherheit von Versorgungswegen rückt die Region Asien-Pazifik immer mehr in das sicherheitspolitische Bewusstsein – auch in Deutschland. Insbesondere der Aufstieg Chinas und die zunehmende Konkurrenz von sich entwickelnden Mächten in diesem Raum verlangt nach einer stärkeren Befassung Europas. Dies wurde im Seminar mit dem bereits im Vorjahr eingeführten Experten-Workshop aus verschiedenen Blickwinkeln, unter anderem auch aus der Sicht der MENA-Staaten und dem Einfluss von Entwicklungen in Subsahara-Afrika thematisiert und teilweise kontrovers diskutiert. Dort analysierten die Teilnehmer in einzelnen Arbeitsgruppen die relevanten Faktoren, Rahmenbedingungen und dringenden Herausforderungen ihrer Einsatzregionen. Ein vertiefender Blick auf China durch Dr. Anja Senz vom Konfuzius-Institut Metropole Ruhr und eine Analyse der Rolle der USA in diesem Raum und seine Auswirkungen auf die transatlantische Partnerschaft durch Dr. Patrick Keller von der Konrad-Adenauer-Stiftung rundeten die Befassung mit diesem Themablock ab.

Ein Mann steht gestikulierend vor einer Leinwand

Dr. Borchert bei seinem Vortag über Anspruch und Wirklichkeit der vernetzten Sicherheit
Quelle: Bundesakademie für Sicherheitspolitik

Neben diesen globalen Herausforderungen wurden im Seminar auch aktuelle Entwicklungen im Bereich des internationalen Terrorismus und eine Bestandsaufnahme zur Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen angeboten. Hier überzeugten Dr. Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik und Dr. Hans-Peter Hinrichsen vom Auswärtigen Amt mit fundierten Einsichten und klaren Bewertungen zu möglichen zukünftigen Entwicklungen.

Mit diesem Strauß an Themenstellungen wurden den zukünftigen Militärattachés Anregungen für weitere Diskussionen und Detailbefassungen mit dem einen oder anderen Thema geboten. Damit hat das Seminar dazu beigetragen, das bereits vorhandene Verständnis für den Ansatz umfassender und vernetzter Sicherheit individuell weiter zu entwickeln und sicherheitspolitische Herausforderungen in den zukünftigen Gastländern in einen globalen und regionalen Zusammenhang zu stellen.

Autor: Walter Schweizer/Markus Seyfarth