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Kernseminar zu Gast im Bundestag: Ein Gespräch mit Roderich Kiesewetter

Mittwoch, 15. Mai 2019

Vom Münchener-Konsens über das 2-Prozent-Ziel der NATO bis zur deutschen Russlandpolitik – all das und noch vieles mehr erläuterte MdB Roderich Kiesewetter den Teilnehmenden des Kernseminars in der Herzkammer der deutschen Demokratie.

Das Bild zeigt das Innern der Kuppel des Reichstagsgebäudes.

Die Teilnehmenden des Kernseminars bekamen Innenansichten deutscher Außen- und Sicherheitspolitik im Bundestag. Foto: Bundestag/Hartmann

Dem Kernseminar 2019 war es möglich, mit CDU-Politiker Roderich Kiesewetter über Deutschlands Rolle in einer globalisierten Welt zu diskutieren. Wie bereits in den vorangegangenen Tagen stand die Rolle Deutschlands in der Außen- und Sicherheitspolitik am Ende der dritten Seminarwoche im Fokus. Kiesewetter stellte gleich zu Beginn klar, dass eine Gleichzeitigkeit von Krisen den Status Quo deutscher Außenpolitik bestimme. Spätestens nach der Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 sei dieser Paradigmenwechsel auch bei der Berliner Politik angekommen, gab Kiesewetter zu verstehen. So versinnbildliche dies eindrücklich der Schulterschluss des damaligen Außenministers Steinmeier, Verteidigungsministerin von der Leyen und des damaligen Bundespräsidenten Gauck auf der Münchener Sicherheitskonferenz 2014. Auch aus diesem Grund sei es umso wichtiger, sich der Wahrnehmung Deutschlands durch die Bündnispartner bewusst zu werden und die innenpolitische Debatte vermehrt auch auf außen- und sicherheitspolitische Themen zu lenken. Die wenig konsequente Umsetzung des Weißbuchprozesses trage allerdings hierzu nicht gerade bei, mahnte Kiesewetter kritisch an.

Die Probleme sind mannigfaltig

Das Bild zeigt einen geschäftlich gekleideten Mann.

CDU-Politiker und Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter, MdB stellte sich den Fragen der Teilnehmenden des Kernseminars. Foto: DBT/von Saldern

Die Frage stand im Raum, wie Deutschland die Glaubwürdigkeit im Zusammenhang mit der Erreichung des 2- Prozent-Ziels -im Rahmen der NATO zurückerlangen kann und wie die Öffentlichkeit dazu besser einbezogen werden könnte. Nur mit einer Anpassung der mittelfristigen Finanzplanung könne das Ziel erreicht werden, gab Kiesewetter zu bedenken. Wobei schon an dieser Stelle kritisch auf die NATO-Verpflichtungen Deutschlands verwiesen werden müsse, da die Verteidigungsausgaben bis 2024 lediglich auf 1,5 Prozent erhöht werden - statt der geforderten 2 Prozent. Zugleich sei es entscheidend, die für Investitionen vorgesehenen Mittel auch tatsächlich zu nutzen und die Interoperabilität zwischen den Partnern zu verbessern, zum Beispiel über die Standardisierung von Waffensystemen.

Kiesewetter konstatierte zusammenfassend, dass es Deutschland an Mut und Glaubwürdigkeit fehle, die Angst vor Konfrontationen groß sei und keine kohärente Strategie erkennbar sei. Konkret fordert er eine Expertengruppe zu Grundsatzfragen der Verteidigungspolitik, da es unumgänglich sei, dass Deutschland seine Rolle als zentraler Akteur in Europa weiter stärke, um auch weltweite Akzeptanz zu erhalten.

Doch es gibt auch Hoffnung auf Besserung. Denn Kiesewetter stellte aus einem europäischen Blickwinkel die These auf, dass die EU nach den Europawahlen gestärkt sein werde. Denn sowohl der Brexit als auch die populistischen Strömungen in den Mitgliedstaaten würden dafür sorgen, dass die europafreundlichen Kräfte weiter zusammenwüchsen - dies habe sich beispielsweise bereits in der Vergangenheit im Zuge der Brexit-Verhandlungen abgezeichnet.

Diplomatie im Umgang mit Russland

Das Foto fängt den Blick auf die Berliner Skyline vom Reichstagsgebäude ein.

Immer wieder etwas Besonderes: Der Blick von der Reichstagskuppel. Foto: Schimanski

Und wie kann mit Russland als strategischen Wettbewerber umgegangen werden? Hier zieht die deutsche Russlandpolitik die Diplomatie vor, machte Kiesewetter den Teilnehmenden klar. Im Zusammenhang mit den europäischen Sanktionen gegen Russland sind derzeit 150 russische Einzelpersonen und 46 russische Unternehmen und Organisationen betroffen. Schon allein um ein Druckmittel für weitere Verhandlungen zu haben, wird Deutschland an der Einhaltung der Sanktionen festhalten, ist er sich hinsichtlich künftiger Entwicklungen sicher. Als eine konkrete Maßnahme schlägt Kiesewetter vor, russischen Akademikern und Experten Visaerleichterungen zur Einreise in die EU zu gewähren.

Zum Ausklang des Besuchs stand für die Teilnehmenden des Kernseminars ein Rundgang auf der Kuppel des Reichstagsgebäudes an. Die imposante Reichstagskuppel gehört zu den meistbesuchten Sehenswürdigkeiten in Berlin. Auf den spiralförmig angeordneten Gängen konnten die Teilnehmenden den Blick in alle Richtungen über zahlreiche Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt schweifen lassen - vom Brandenburger Tor über den Alexanderplatz bis zum Hauptbahnhof.

Autoren: Sonja Schimanski und Sven Kahle