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Erstes Foresight Frühstück an der BAKS

Samstag, 5. März 2022

Am 17. Februar 2022 lud das Kompetenzzentrum Strategische Vorausschau an der BAKS zum ersten virtuellen Foresight Frühstück ein. Knapp 70 Teilnehmende aus verschiedenen Bundesressorts, Wirtschaft und Wissenschaft waren der Einladung von Dr. Henning Riecke und Sebastian Bollien zu dem komplett neuen Veranstaltungsformat an der BAKS gefolgt.

Kachelansicht einer Webex-Veranstaltung
Kachelansicht einer Webex-Veranstaltung
BAKS

Vorerst nur virtuell - Das Foresight Frühstück könnte künftig auch hybrid mit Teilnehmenden vor Ort an der BAKS stattfinden

Am gemeinsamen virtuellen Frühstückstisch sollen neben der geladenen deutschen Foresight-Community des BAKS Netzwerks Strategische Vorausschau auch insbesondere internationale Expertinnen und Experten der Strategischen Vorausschau Platz nehmen und neue Erkenntnisse, Studien, Erfahrungen oder Methoden diskutieren. Daneben wird es auch auch wieder Treffen in Präsenz für die Foresight-Verantwortlichen der Ministerien und Behörden geben.


Erik F. Øverland, Präsident der World Futures Studies Federation (WFSF), machte den Aufschlag. Nach einer kurzen Begrüßung durch Henning Riecke referierte er über die Rolle und Aufgaben der WFSF in der Vorausschau, die vergangene Jahrestagung 2021 in Berlin und den internationalen Stand der Zukunftsforschung. Diese sei „wichtiger denn je“, was der Gast an anschaulichen Anwendungsbeispielen zeigen konnte. So hob er insbesondere das wachsende Interesse im asiatischen Raum, als auch im Zusammenspiel von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik heraus.

Porträt von Erik F. Øverland

Erik F. Øverland ist Präsident der World Futures Studies Federation (WFSF).

Die steigende Nachfrage nach Vorausschau bringt viele Herausforderungen mit sich. Zukunftsforschung ist noch immer zu einseitig mit dem Begriff der Nachhaltigkeit verbunden, so Øverland. Sie benötigt daher dringend neue „Grand Narratives“, um ihre Legitimität zu stärken. Zukunftsforschung muss professioneller werden, durch Akkreditierung oder Verzahnung mit konventionellen Professionen. Zukunftsforscher müssen sich völlig neuen Themen der Humanität widmen, etwa im Umgang mit dem sich herausbildenden Dilemma zwischen „Natürlichkeit“ und „Künstlichkeit“. Das umfasst auch den Blick auf die Entwicklungen der künstlichen Intelligenz, der „Kyborgisierung“ des Humanen und einem in Zukunft eventuell völlig neuen Begriff von „Natur“ selbst.


Im Anschluss an seinen Vortrag entwickelte sich eine lebhafte Diskussion unter den Teilnehmenden über die gestiegene Relevanz und bessere Verankerung der Vorausschau im politischen Prozess. Teilnehmer wiesen auf den Bedarf zur Einschätzung eigener Handlungsfähigkeit aus dem Bereich der Wirtschaft hin, verbunden mit der Frage, inwieweit (Unternehmens-)Resilienz mit Zukunftsforschung zusammenspielt. Auch die von Øverland angesprochene Digitalisierung der Vorausschau fand Zuspruch. Findet Foresight heutzutage oft in physischen Projekt- und Arbeitsgruppen statt, sei die Möglichkeit diese Meetings, wie das Foresight-Frühstück, virtuell durchzuführen erst der Anfang einer Entwicklung. Die Verknüpfung von Vorausschau und Software hat schon lange begonnen, und künstliche Intelligenz dürfte künftig eine tragende Rolle als Hilfsmittel aber auch als Impulsgeber bekleiden.

Porträt von Dr. Henning Riecke

Dr. Henning Riecke vom Kompetenzzentrum Strategische Vorausschau moderierte das neue Veranstaltungsformat.

Anschließend kam das aktuell oft „exotische“ Dasein der Vorausschau in Behörden und Wissenschaft erneut an den virtuellen Frühstücksisch. Wenn schnelle Antworten auf konkrete Fragen benötigt werden, suchen die Verantwortlichen oft nach Prognosen, also Forecasting, anstelle Foresight. Entscheidungsträgerinnen und –träger haben oft Schwierigkeiten und Abteilungen beschränkte Budgets, um sich mit einer Vielzahl von möglichen Szenarien zu befassen. Øverland schlug vor, innerhalb von Organisationen und Ministerien heterogen besetzte „Arenen“ zu schaffen für ein freies Denken, die dafür sorgen können, dass das Thema Foresight auch bereichsübergreifend kontinuierlich zu Sprache kommt. Ein anderer Vorschlag aus der Runde ging hin zu modularen Interventionen, die gezielt auf Prozesse einwirken können. Hierbei sollte man sich von einer standardisierten Methodik lösen und für jede Fragestellung die Ziele neu definieren können.


Henning Riecke nahm diese Idee in seinen Schlussworten auf - die Akzeptanz von Vorausschau muss über alle Führungsebenen hinweg wachsen. Positive Beispiele auch aus den Ressorts zeigen, dass Vorausschau auch von der Spitze der Hierarchie nachgefragt wird und es für zukünftige Prozesse und Entscheidungen selbstverständlich sein sollte, ihre Konsequenzen durch die Zukunftsbrille zu betrachten. Analog der unzähligen Lebensmittellabel könnte es für Entscheidungen in der Wirtschaft oder Politik mal zu einem Kaufargument werden, dass sie ein Zertifikat „enthält Strategische Vorausschau“ tragen.

Autor: Sebastian Bollien