Aktuelles

Aktuell 2011 und Karl-Carstens-Preis

Freitag, 26. August 2011

Am 26. August 2011 nahm Paul-Elmar Jöris, landespolitischer Korrespondent beim WDR Düsseldorf, im Rahmen der Veranstaltung „Aktuell“ vor ca. 150 Mitgliedern der sicherheitspolitischen Community der BAKS den Karl-Carstens-Preis des Freundeskreises entgegen.

Drei Herren sind sitzend im Gespräch

Herr Generalleutnant Jürgen Bornemann, der neue Vize-Präsident, Herr Oberst i.G. Rainer Meyer zum Felde und Herr Dr. Karl-Heinz Kamp
Quelle: Bundesakademie für Sicherheitspolitik

In seiner Rede beschrieb Jöris die abnehmende Qualität des investigativen Journalismus aufgrund der schrumpfenden Budgets der Print-Medien. Die Tatsache, dass die Schwerpunkte des diesjährigen Preisträgers im Bereich der Justiz- und Innenpolitik liegen, unterstreicht den umfassenden Ansatz der BAKS. Die Laudatio hielt Rolf Clement, Korrespondent für Sicherheitspolitik und Mitglied der Chefredaktion beim Deutschlandfunk. Die festliche Preisverleihung fand im Historischen Saal der BAKS statt, jenem bedeutsamen Ort der Unterzeichnung der „2+4-Verträge“, durch die Deutschland nach der Wiedervereinigung seine volle staatliche Souveränität erlangte. Die Anwesenheit hochrangiger Diplomaten und Politiker sowie Spitzenmilitärs und zahlreicher weiterer Gäste aus dem Bereich der Sicherheitspolitik vollendete die glanzvolle Atmosphäre der Veranstaltung.

An die Preisverleihung anschließend und am darauffolgenden Tag lieferte die BAKS in drei hochkarätig besetzten Panels Antworten auf einige zentrale Fragen deutscher Sicherheits- und Verteidigungspolitik: „Sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit Deutschlands: Zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ lautete das Schwerpunktthema, unter dem die deutschen Interessen in den Vereinten Nationen und in der NATO einer – teils kontroversen – Betrachtung unterzogen wurden. Am zweiten Tag wurde der Blick auf die künftige Gestaltung deutscher Sicherheitspolitik gerichtet.

Die Panels waren so konzipiert, dass jeweils eine Innen- und eine Außenperspektive gegenübergestellt wurden. Als Gesprächspartnter konnte die BAKS begrüßen:

  • Dr. W. Otto Lampe, Beauftragter für Vereinte Nationen des Auswärtigen Amts
  • Eric Gujer, Deutschland-Korrespondent der „Neuen Zürcher Zeitung“
  • Generalleutnant Jürgen Bornemann, Generaldirektor des Internationalen Militärstabes bei der NATO in Brüssel
  • Dr. Karl-Heinz Kamp, Forschungsdirektor am NATO Defense College in ROM
  • Botschafter Wolfgang Ischinger, Generalbevollmächtigter für Regierungsbeziehungen bei der Allianz SE und Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz
  • John Christian Kornblum, ehemaliger US-Botschafter in Deutschland

Ein Herr steht am Rednerpult und hält einen Vortrag

Paul-Elmar Jöris, der diesjährige Karl-Carstens-Preisträger, während seines Vortrages
Quelle: Bundesakademie für Sicherheitspolitik

Wie ein roter Faden zog sich die Forderung nach einer Vertiefung der EU und einer Neuorientierung der transatlantischen Beziehungen durch die Diskussionen. Außerdem wurde wiederholt auf die Notwendigkeit einer Intensivierung der NATO-Russland-Beziehungen hingewiesen.

Die Teilnehmer waren sich einig, dass Deutschland auf eine beeindruckende Entwicklung zurückblicken könne und heutzutage weltweit ein sehr hohes Ansehen genieße. Daraus erwachse allerdings auch eine Verantwortung, der Deutschland nicht immer gerecht werde. Es fehle Deutschland an politischem Handlungswillen. Außerdem werde im NATO-Ausland Deutschlands Bündnistreue infrage gestellt.

Insgesamt müsse die transatlantische Kooperation durch geschlossenes Handeln statt durch politisch korrekte Phrasen gestärkt werden, damit sich die USA sicherheitspolitisch nicht weiter zurückziehen. Solidarität, Berechenbarkeit und die Bereitschaft, gemeinsam Lasten zu tragen, seien Voraussetzungen für die Erhaltung der für Deutschland so wichtigen Allianz. Die Bundesrepublik brauche die NATO zur Wahrung ihrer zunehmend weltweiten sicherheitspolitischen Interessen als Europas einzige „world class economy.“ Zudem sei eine intensivere Einbeziehung Russlands unerlässlich. Ihren Einsatz in Afghanistan hingegen wertet die NATO als Erfolg, der mit einem neuen Mandat auch nach dem Truppenrückzugsdatum 2014 fortgeführt werden soll. Der Schwerpunkt eines neuen Engagements solle auf Ausbildungsarbeit liegen.

Auch in Bezug auf die EU forderten die Panellisten eine engere Zusammenarbeit. Der europäische Staatenbund müsse international geschlossen auftreten und die einzelnen nationalen Interessen den gemeinsamen Zielen unterordnen. Dies beinhalte zum Beispiel die Forderung eines EU-Sitzes im UN-Sicherheitsrat statt der Sitze Frankreichs und Großbritanniens sowie eine gemeinsame Politik im postrevolutionären Nordafrika. Nur so könne die EU dem relativen Bedeutungsverlust des Westens wirksam entgegentreten.

Ein geeignetes Mittel der effektiven Zusammenarbeit in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik – sowohl für die NATO als auch für die EU – sei die gemeinschaftliche Nutzung militärischer Ressourcen („pooling & sharing“). Dies erhöhe die verteidigungspolitische Stärke ohne eine Erhöhung der Budgets. Wichtig sei des Weiteren eine klare Formulierung deutscher (europakompatibler) Interessen, die es dann in eine europäische Sicherheitsstrategie einzubringen gelte.

Autor: Sebastian Hoffmann