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Deutsch-Französische Studientagung

Mittwoch, 14. April 2010

Zur jährlichen Studientagung trafen sich Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) mit Lehrgangsteilnehmern des französischen „Centre des Hautes Etudes Militaires“ (CHEM) und des „Institut des Hautes Etudes de Défense Nationale“ (IHEDN).

Teilnehmer der 24. Deutsch-Französischen Studientagung
Quelle: Bundesakademie für Sicherheitspolitik

Das Thema der diesjährigen Studientagung lautete „Afghanistan – Eine regionale Krise?“. Die Studientagung war Bestandteil des Moduls „Ursachen und Bewältigung von Krisen“ innerhalb des sechsmonatigen Seminars für Sicherheitspolitik und ermöglichte durch die Ausrichtung als Fallbeispiel eine ausführliche Analyse der vielfältigen Konfliktdimensionen.

Den Eröffnungsvortrag zur Rolle der Vereinten Nationen und der NATO in Afghanistan hielt Professor Dr. Peter Schmidt, ehemals Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Bei einer Podiumsdiskussion traten Professor Dr. Eva Gr0ss (Institut for European Studies, Brüssel), William E. Moeller (US-Botschaft Berlin), Tim Eestermans (Mitarbeiter der Hohen Repräsentantin für Auswärtige Angelegenheiten und Sicherheitspolitik der Europäischen Union) und Polizeidirektor Detlef Karioth (Bundespolizei) auf. Geopolitische Fragen und die Rolle der Nachbarn Afghanistans standen im Mittelpunkt der Vorträge von Dr. Citha Maaß und Markus Potzel, beide SWP.

Besondere Einblicke gewährten Besuche im Einsatzführungsstab des Bundesministeriums der Verteidigung, wo die Gruppe von Brigadegeneral Dieter Warnecke empfangen wurde, und im Bundeskanzleramt, wo ein Gespräch mit Oberst i.G. Michael Gschoßmann, Mario Sander von Torklus und Dr. Bettina Fanghänel stattfand. Weitere inhaltliche Akzente setzten Dr. Markus Bresinsky (IABG, München) mit dem Versuch, den Konflikt in Afghanistan aus der Perspektive der dortigen Bevölkerung zu betrachten, sowie ein Vortrag über die Arbeit der International Security Assistance Force (ISAF).

Höhepunkt der Studientagung war ein Empfang in der Residenz des französischen Botschafters in Deutschland. Der Botschafter, Bernard de Montferrand, hob die Bedeutung der deutsch-französischen Zusammenarbeit hervor und betonte deren Funktion als „Motor“ für die europäische Integration. Gerade im Bereich der Streitkräfte gibt es noch erhebliches Potential zur Verbesserung von Fähigkeiten, etwa durch Pooling, so der Botschafter.

Die zahlreichen Vorträge und Diskussionen bildeten den Hintergrund für intensive Gespräche in Arbeitsgruppen.  Die deutschen und französischen Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer setzen sich mit der Frage „Erfolg in Afghanistan – Was ist das und was ist zu tun?“ auseinander. Es wurde deutlich, wie ungemein vielschichtig die Herausforderungen in dem Land sind. Einige der Seminarteilnehmer vertraten die Auffassung, dass ein weiteres Erstarken der Taliban vermutlich unvermeidbar ist und insbesondere den Nachbarstaaten die Aufgabe zukommt, mäßigend auf die Führer einzuwirken bzw. diese soweit möglich „einzuhegen“. Mit Blick auf das ausländische Engagement in Afghanistan wurde festgestellt, dass es auch nach neun Jahren kein ausgewogenes Verhältnis zwischen militärischen und zivilen Kräfte gibt. Ein Teilnehmer verglich die Lage in Afghanistan mit einem Bushkashi-Spiel (ein traditionelles Reiterspiel, bei dem jeder gegen jeden kämpft und praktisch alles erlaubt ist); unklar sei aber bis zum heutigen Tage, welche Funktion dem Westen zukomme: Preisrichter, Mitspieler oder Beute?

Die Deutsch-Französischen Studientagungen gehen zurück auf die gemeinsame Erklärung des französischen Staatspräsidenten François Mitterrand und Bundeskanzler Helmut Kohl vom 28. Februar 1986 und werden seither regelmäßig durchgeführt. Die abwechselnd in Berlin und Paris stattfindenden Studientagungen sind seit 2005 fester Bestandteil des sechsmonatigen Seminars für Sicherheitspolitik. Zentrale Zielsetzung der bilateralen Tagungen ist die gemeinsame sicherheits­politische Weiterbildung künftiger Führungskräfte beider Staaten.

Autor: Gerd Föhrenbach