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Sicherheitspolitik auf dem Lehrplan: im Gespräch mit Lehrerinnen und Lehrern

Mittwoch, 13. Juni 2018

Internationale Politik, Frieden und Sicherheit sind zunehmend Thema an deutschen Schulen. Wie lässt sich die wachsende Komplexität internationaler Krisen einer 'Generation Youtube'
in 45 Minuten Unterricht vermitteln? Die BAKS traf angehende Lehrerinnen und Lehrer aus Rheinland-Pfalz zum Austausch über Inhalte, Didaktik und Schulalltag.

Studienassessor Christian Fringes deutet auf eine Projektion aus Wörtern und Zahlen an einer Wand.

Frieden und Sicherheit stehen in Rheinland-Pflalz bereits in der Sekundarstufe I auf dem Lehrplan, wie der angehende Lehrer Christian Fringes (rechts) erläuterte. Foto: BAKS

„Wenn Sie es nicht erklären, dann kommen die Erklärungen von den Supervereinfachern“, wandte sich BAKS-Präsident Dr. Karl-Heinz Kamp an die angehenden Lehrerinnen und Lehrer des Staatlichen Studienseminars aus Bad Kreuznach in Rheinland-Pfalz. Künftig werden sie an Gymnasien Politik und Sozialkunde unterrichten. Dabei spielt Außen- und Sicherheitspolitik eine zunehmende Rolle. Ob der Krieg in Syrien, internationaler Terrorismus oder die Politik US-Präsident Trumps – „tagtäglich gibt es neues Unterrichtsmaterial, sagte Studiendirektor Torsten Schreier vom Studienseminar Rheinland-Pfalz, der die Gruppe begleitete. Dabei gehe es aber gerade nicht um „Katastrophenunterricht durch Schlagzeilenhopping“, sondern darum, „verlässliches Basiswissen anzulegen, durch das Schüler das, was passiert, einordnen können“, so Schreier. Kamp pflichtete ihm bei: „Man muss über Sicherheitspolitik streiten, aber man sollte wissen, worüber man redet.“

Basiswissen und politische Urteilsfähigkeit vermitteln

BAKS-Präsident Kamp sitzt an einem Tisch und spricht gestikulierend in ein Mikrofon.

"Wenn Sie es nicht erklären, dann kommen die Erklärungen von den Supervereinfachern", sagte BAKS-Präsident Karl-Heinz Kamp zu den angehenden Lehrkräften. Foto: BAKS

Der in einer Fortbildungsreise nach Berlin angelegte Besuch der Pädagoginnen und Pädagogen an der Bundesakademie erbrachte nicht nur zu den aktuellen Brennpunkten internationaler Politik zahlreiche Impulse. Für die BAKS war er zugleich eine wertvolle Gelegenheit, Einblicke in die schulische Vermittlung außen- und sicherheitspolitischer Themen und das diesbezügliche Interesse der Schülerinnen und Schüler zu erhalten. „Das Interesse ist definitiv da“, sagte Studienassessor Christian Fringes, der den Lehrplan seines Bundeslandes und Beispiele für Unterrichtseinheiten vorstellte. In Rheinland-Pfalz stehen internationale Politik, Frieden und Sicherheit auf dem Lehrplan der Sekundarstufe I und der gymnasialen Oberstufe. Aus Fringes‘ Sicht gebe es dabei für Schülerinnen und Schüler stets einen eindeutigen „Lebensweltbezug durch die hohe mediale Präsenz“ dieser Themen. Als ein konkretes Beispiel für die hohe pädagogische Verantwortung in diesem Zusammenhang verwies Fringes auf die Versuche der Terrororganisation IS, Jugendliche zu rekrutieren, denen es gelte, durch Bildung entgegenzuwirken.

Studiendirektor Torsten Schreier sitzt neben BAKS-Präsident Kamp an einem Tisch und spricht zu ihm herüber.

"Die Realität didaktisch soweit reduzieren, dass sie in eine Unterrichtseinheit von 45 Minuten hineinpasst": Studiendirektor Torsten Schreier (rechts) erläuterte die Herausforderungen des Lehrerberufs. Foto: BAKS

„Wir müssen die Realität didaktisch soweit reduzieren, dass sie in eine Unterrichtseinheit von 45 Minuten hineinpasst“, umriss Schreier die zentrale Herausforderung des schulischen Alltags. Der angehende Lehrer Markus Maurer berichtete dazu von zahlreichen Alltagserfahrungen: "Die Generation Youtube möchte Informationen visuell ansprechend präsentiert haben." In der Schule sei dann häufig die Einordnung solcher selbst beschafften Informationen aus dem Fernsehen und aus Onlinemedien durch die Lehrkräfte nachgefragt. „Der Spagat, den wir leisten müssen, besteht darin, die Inhalte des Lehrplans mit der Aktualität zu vernetzen“, fasste Studiendirektor Schreier zusammen. Neben der Vermittlung von Wissen stehe demnach vor allem das Bilden einer politischen Urteilsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler im Vordergrund.

Szenarienarbeit als Mittel gegen Zukunftsangst

Studienassessor Markus Maurer sitzt gemeinsam mit einem Kollege an einem Tisch und spricht in ein Mikrofon.

"Die Generation Youtube möchte Informationen visuell ansprechend präsentiert" und sie später schulisch eingeordnet haben, berichtete der angehende Lehrer Markus Maurer (links) aus
dem Schulalltag. Foto: BAKS

Einen aktuellen Impuls aus der Arbeit der Bundesakademie gab Dr. Norbert Reez, der an der BAKS für Konzepte und Methoden der Strategischen Vorausschau verantwortlich ist. Reez sagte, dass die systematische Zukunftsanalyse in der Sicherheitspolitik angesichts der offenkundigen Gleichzeitigkeit und Plötzlichkeit krisenhafter Entwicklungen stark an Bedeutung gewonnen habe. Dabei gehe es „nicht darum, Voraussagen zu treffen, sondern ‚outside the box‘ zu denken“. Hierzu sah er auch im schulischen Bereich Potenzial, zum Beispiel bei der Arbeit mit Szenarien: „Interesse an Zukunft und Zukunftsgestaltung zu entwickeln ist ein gutes Mittel gegen Zukunftsangst“, so Reez. Einen konkreten Anknüpfungspunkt dazu hatte bereits Studienassessor Fringes in seiner Vorstellung exemplarischer Lehrinhalte gegeben: „Deutschland im Jahr 2028: Wie verändert Terrorismus die Gesellschaft“ nannte er als ein Beispiel für eine Unterrichtseinheit, die gezielt mit Szenarien arbeitet.

Präsident Kamp dankte den angehenden Lehrerinnen und Lehrern abschließend für den wertvollen Einblick und wünschte Ihnen für ihre berufliche Zukunft viel Erfolg. Die Bundesakademie für Sicherheitspolitik tritt regelmäßig mit Lehrkräften, Studierenden und anderen Multiplikatoren in Dialog um sich über die Vermittlung und Diskussion sicherheitspolitischer Themen in der Gesellschaft zu informieren und Impulse zum Verständnis und zur Debatte vernetzter Sicherheitspolitik zu geben.

Autoren: Julia Schuster und Sebastian Nieke