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BAKS-Experte: Der Islamische Staat ist unter Druck geraten

Mittwoch, 23. März 2016

Die jüngsten Terroranschläge in Belgien haben viele grundsätzliche Fragen zur Bedrohung durch den "Islamischen Staat" aufgeworfen. Terrorismus-Experte Ulf Brüggemann gibt Einblicke in die Terrorgruppierung.

An einer Gebäudefassade weht die Nationalflagge Belgiens

Wie bei vielen Terroranschlägen griffen die Täter mit Brüssel ein Ziel von hohem Symbolwert an.
Foto: Hector Hurtado/flickr/CC BY-NC-ND 2.0

Ulf Brüggemann, Studienreferent an der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, hält die Anschläge in Belgien für ein Zeichen wachsenden Drucks auf die Terrorgruppierung Islamischer Staat. "Der 'Islamische Staat' ist unter Druck geraten, er hat etwa 20 Prozent seines Territoriums verloren", sagt Brüggemann. "Das hat wesentlich mit den Luftangriffen der USA und ihrer Verbündeten zu tun." Anschläge in Europa seien dabei nicht vorrangiges Ziel des IS. "An sich dürfte der IS kein Interesse an einem Kampf mit dem Westen haben", so der Experte. Der IS strebe einen Herrschaftsraum im Mittleren Osten über nationale Grenzen hinweg an, der auf Basis der Scharia regiert wird. Die Anschläge erklärt er so: "Aus Sicht des IS würde es Sinn machen, den Westen durch Terroranschläge zu treffen, um ihn abzuschrecken."

Der Experte äußerte sich auch zu den Unterschieden zwischen al-Qaida und IS. "Markantester Unterschied ist das Projekt des Kalifats. Das war für al-Qaida auch ein Ziel, aber erst in ferner Zukunft", sagte er. "Der IS will das Kalifat heute und sofort." Die Organisationen unterschieden sich außerdem in ihrer Vorgehensweise: "Auch al-Qaida ist ungeheuer brutal, aber der IS setzt viel mehr als al-Qaida auf eine Zurschaustellung von Brutalität und Gewalt." Drittens sei al-Qaida als global orientierte Terrororganisation gestartet und habe sich dann zunehmend regionalisiert. "Der IS hat mit dem Kalifat hingegen ein genuin regionales Projekt, wird aber seit einiger Zeit zunehmend internationaler." Al-Qaida versuche immer, in der regionalen Bevölkerung für sich selbst zu werben und die Leute mitzunehmen. Das interessiere den IS überhaupt nicht.

Zur Wahrscheinlichkeit möglicher künftiger Anschläge sagte Brüggemann: "Der IS ist stark von apokalyptischen Visionen geleitet, er wähnt sich in einem Endkampf gegen westliche Armeen im Nahen Osten. Aus dieser Vorstellungswelt heraus kann er natürlich Anschläge verüben." Gefährlich seien aber auch Sympathisanten: "Viele Sympathisanten des IS radikalisieren sich zudem selbst und verüben Anschläge aus eigener Initiative. Nicht jeder Anschlag muss aus einem Kalkül der IS-Führung heraus geschehen."

Eine Analyse Brüggemanns über die islamistischen Gruppierungen findet sich im neuesten Arbeitspapier Sicherheitspolitik der Bundesakademie: "Al-Qaida und Islamischer Staat: Ziele, Bedrohung, Bekämpfung".

Autor: Redaktion