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Kamp: Weiter keine Entspannung mit Russland in Sicht

Montag, 18. April 2016

Russlands Präsident Putin mit Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Hollande

Kritische Nähe: Bundeskanzlerin Merkel, Russlands Präsident Putin und Frankreichs Präsident Hollande. Foto: Bundesregierung/Steffen Kugler

Die Bundesakademie für Sicherheitspolitik sieht Russland auch in den nächsten Jahren weiter auf Konfrontationskurs zum Westen.

"Solange Putin an der Macht ist, muss sich der Westen auf ein konfrontatives Russland einstellen", sagte Akademiepräsident Karl-Heinz Kamp in Berlin. "Und da Putin 2018 vermutlich zur Wiederwahl antritt, bleibt er voraussichtlich bis 2024 im Amt. In dieser Zeit wird der Konflikt zwischen Russland und dem Westen sicher nicht schwächer."

"Russland hat einen grundlegenden Wandel seiner Außenpolitik vollzogen", sagte Kamp. "Putin versteht sein Land als anti-westliche Macht. Er denkt – wie im Kalten Krieg – in Einflusssphären und will seinen Machtbereich ausbauen. Dabei schreckt er auch vor der Besetzung souveräner Staaten nicht zurück." Das zeigten die Annexion der Krim und der bewaffnete Konflikt in der Ostukraine.

Russland strebt Vormachtstellung an

"Russland will wieder eine Großmacht werden." Deshalb habe der Ausspruch des US-Präsidenten Barack Obama von der 'Regionalmacht Russland' Putin tief gekränkt. "Die USA sind für Putin die Wurzel allen Übels. Aus seiner Sicht war die Stärke der USA der Grund für den Zerfall der Sowjetunion. Darunter leidet Putin bis heute. Sein Ziel ist, die USA und Europa zu entzweien, ihre Institutionen – wie etwa Nato und UN – in Frage zu stellen und die EU als politisches und wirtschaftliches Bündnis zu schwächen. Dafür ist ihm fast jedes Mittel recht."

Kritisch sieht Kamp ebenfalls Putins Verhältnis zu Deutschland: "Ein einflussreiches Deutschland ist für Putin ein Dorn im Auge. Die Propaganda-Offensive gegen Deutschland passt zu seinem großen Plan, die EU zu schwächen. Dabei setzt Putin offensichtlich einerseits auf die Finanzierung extremistischer Parteien, um Unruhe in Deutschland zu stiften, und andererseits auf die Mobilisierung moskautreuer russlanddeutscher Einwanderer, als willfährige Handlanger."

Viele Russen lieben Putin

Hoffnungen auf eine baldige Entspannung der Lage in Russland hat Kamp nicht: "Putin ist so beliebt wie schon lange nicht mehr. Aber das wird am Ende nicht reichen." Die Russen seien zwar leidensfähig und schnallten ihre Gürtel seit der Gründung der Sowjetunion vor fast 100 Jahren immer wieder enger. "Doch wenn der Kühlschrank leer ist, hilft auch keine Propaganda mehr. Dieser Punkt ist aber noch lange nicht erreicht", sagt Kamp. "Putin ist die starke Führungspersönlichkeit, die die Russen sich wünschen. Auf einen Putsch gegen Putin sollte der Westen nicht setzen."

Kamp rät deshalb: "Der Westen sollte vielmehr dort mit Russland kooperieren, wo gemeinsame Interessen das zulassen. Aber wir sollten wachsam sein. Russland ist einfach zu groß, um ignoriert zu werden."

Autorin: Sira Thierij