Arbeitspapiere

"Reiches Land, starke Armee" - Chinas Umfassende Nationale Sicherheit

17/2018
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Die Sicherheitsstrategie Chinas, in offiziellen Dokumenten als „Umfassende Nationale Sicherheit“ bezeichnet, strebt unter anderem eine enge Verflechtung von volkswirtschaftlichen und militärischen Entwicklungszielen an. Dies wirft die Frage auf, ob und wie wirtschaftliche Kooperation mit China stärker als bisher auch unter sicherheitspolitischen Aspekten zu betrachten ist. Das wiederum setzt voraus, die Entwicklung Chinas auch als Entwicklung eines allseitig strategisch handelnden Akteurs zu verstehen. Im Rahmen der bestehenden „umfassenden strategischen Partnerschaft“ zwischen Deutschland und China sollte die Frage chinesischer Strategieentwicklung mit größerer Aufmerksamkeit verfolgt werden.

Die Volksrepublik China gebraucht seit einigen Jahren regelmäßig den Begriff „Umfassende Nationale Sicherheit“ (zongti guojia anquan guan) in der Artikulierung ihrer Sicherheitspolitik, veröffentlicht jedoch kein zentrales Leitdokument zur Nationalen Sicherheit, das über diesen Sicherheitsbegriff informiert oder ihn näher erläutert.

Die wichtigsten Elemente des chinesischen Verständnisses der Umfassenden Nationalen Sicherheit können dennoch aus offiziellen und öffentlich zugänglichen Regierungs- und Parteidokumenten Chinas erschlossen werden. Bei dieser Betrachtung stellen sich etliche Fragen: Wie vollständig lässt sich die nationale Sicherheitsstrategie Chinas aus offiziellen Dokumenten erschließen, auf welche Pfeiler stützt sie sich, welcher Geltungsanspruch wird in Bezug auf Innere und Äußere Sicherheit behauptet, und welche Auswirkungen hat ihre Umsetzung auf andere Länder, insbesondere Deutschland und Europa?

Eine Partei, multiple Strategiedimensionen

Maßgebliche Dokumente für die nationale Sicherheit sind die Satzung der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) und Beschlüsse des Zentralkomitees (ZK) der KPCh, die vom Staatsrat veröffentlichten Weißbücher zu verschiedenen nationalen Fragen, die Fünfjahresplanung sowie Leitdokumente, die von den Ministerien veröffentlicht werden. In geringerem Umfang geben auch einschlägige Gesetze Aufschluss über Elemente der Umfassenden Nationalen Sicherheit. Im Kontext all dieser Dokumente muss der Satzung der KPCh und den Beschlüssen des ZK die Autorität einer Rechtsquelle zugesprochen werden. Die Fünfjahresplanung bündelt die strategischen Ziele und unterlegt sie mit konkreten Weisungen zur Umsetzung, während die Weißbücher und Ministeriumsveröffentlichungen mit Weißbuchcharakter die jeweilige Teilstrategie detailliert ausarbeiten und terminologisch sowie argumentativ eindeutig in den Kontext einer Gesamtstrategie stellen. Die entsprechende Gesetzgebung (Nationales Sicherheitsgesetz, Cybersicherheitsgesetz und weitere Gesetze) reguliert konkrete Fragen und vervollständigt das Bild.

Der Begriff „Umfassende Nationale Sicherheit“ wurde erstmals in einer Ansprache des Generalsekretärs der KPCh und Staatspräsidenten Xi Jinping auf der Gründungssitzung der Zentralen Nationalen Sicherheitskommission der KPCh (zhongyang guojia anquan weiyuanhui) am 15. April 2014 verwendet. Nachfolgende Parteidokumente implementierten die Formel zügig. Xi benennt elf Aspekte dieses Sicherheitsbegriffs: Politische Sicherheit, territoriale Sicherheit, militärische Sicherheit, wirtschaftliche Sicherheit, kulturelle Sicherheit, gesellschaftliche Sicherheit, wissenschaftlich-technologische Sicherheit, Informationssicherheit, ökologische Sicherheit, Ressourcensicherheit und Nuklearsicherheit. Im Weißbuch „Chinas Militärstrategie“ (2015) werden diese Aspekte von Sicherheit in einen größeren Kontext eingebettet: [...] „einheitliche und umfassende Planung von Innerer und Äußerer Sicherheit, territorialer Sicherheit und Sicherheit der Bevölkerung, traditioneller und nichttraditioneller Sicherheit, Sicherheit von Existenz und Entwicklung, eigener Sicherheit und gemeinsamer Sicherheit.“ „Umfassende Nationale Sicherheit“ ist primär auf die „Aufrechterhaltung der Stabilität“ (weiwen) des politischen Systems der VR China gerichtet; auch ist „gemeinsame Sicherheit“ nicht im Kontext von Bündnissen oder gar als kollektive Sicherheit zu interpretieren, da China nahezu konsequent eine bündnisfreie Sicherheits- und Verteidigungspolitik verfolgt.

Die politische Führung Chinas stützt ihre Legitimation unter anderem auf die erfolgreiche Entwicklung des Landes und sieht Entwicklung als nationales Kerninteresse an. Gesteuert und gemessen wird Entwicklung mit dem Konzept der Comprehensive National Power. Im chinesischen Verständnis der einheitlichen, zentralen Staatslenkung ergibt sich aus der Verknüpfung der inneren Sicherheit und nationalen Stabilität mit äußerer, militärisch durchzusetzender Sicherheit die Verbindung von traditionellen und nicht-traditionellen Feldern der Sicherheitspolitik.

„Reiches Land, starke Armee“ - Verschmelzung volkswirtschaftlicher und militärischer Entwicklungsziele

In zahlreichen Dokumenten wird betont, dass eine starke Armee zum Schutz der Partei und der volkswirtschaftlichen Prosperität Chinas unabdingbar sei. Die Wechselbeziehung von prosperierender Volkswirtschaft und starken Streitkräften wird in der Formel „Reiches Land, starke Armee“ auf ihre knappste und dennoch aussagekräftigste Form gebracht. Für die chinesische Parteiführung sind die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft und der Streitkräfte zwei einander dialektisch bedingende Aspekte des übergeordneten Staatszieles eines „starken China“. Eine starke Armee wird benötigt, um die Interessen eines großen Landes zu verteidigen, und eine starke Volkswirtschaft ist wiederum Voraussetzung für den Unterhalt und Aufbau moderner Streitkräfte. Konkret beinhaltet dies beispielsweise den Aufbau von A2/AD-Fähigkeiten, die Entwicklung von teilstreitkräfteübergreifenden Führungs- und Informationssystemen, die Entwicklung leistungsfähiger Triebwerke für Strahlflugzeuge, aber auch den Auf- und Ausbau militärischer Strukturen im südchinesischen Meer sowie von Stützpunkten in Übersee.

Die Modernisierung der Industrieproduktion ist seit längerer Zeit ein zentrales Anliegen der chinesischen Partei- und Staatsführung. China strebt weg von der „Werkbank der Welt“ hin zu eigener Forschung und Entwicklung. Ebenso ist die Weiterentwicklung der Streitkräfte, die seit vielen Jahren in unterschiedlicher Terminologie in früheren militärischen Weißbüchern als Auftrag benannt wird, seit den Streitkräftereformen 2015 mit entsprechenden Dienststellen erstmals auch organisatorisch in den Streitkräften verankert. China verfolgt mit hohem Forschungsaufwand seit vielen Jahren das Thema Revolution in Military Affairs. Nur scheinbar zufällig sind die Schlüsseltechnologien, die zur Modernisierung der Industrie, der Volkswirtschaft, der gesellschaftlichen Kommunikation, aber auch der staatlichen Verwaltung, der Polizei, der Streitkräfte und der Nachrichtendienste benötigt werden, die gleichen: Automatisierung, Digitalisierung, „Informatisierung“ (siehe unten), Quantenrechner und Künstliche Intelligenz. Alle diese Wissensgebiete und Technologien werden in den entsprechenden Politikdokumenten an prominenter Stelle als essentiell für den Erhalt der nationalen Sicherheit bezeichnet: Selbst die aus deutscher Perspektive auf den ersten Blick nur bedingt sicherheitsrelevante Industriestrategie „Made in China 2025“ betont in ihrer Präambel ausdrücklich den Bezug zur nationalen Sicherheit – Ähnlichkeiten mit der deutschen Initiative „Industrie 4.0“ werden zwar von chinesischer Seite oft betont, sind aber irreführend: .„Made in China 2025“ ist ein Dokument zentraler Wirtschafts- und Technologieplanung mit politischen Ambitionen, während „Industrie 4.0“ eine digitale Infrastruktur für die Produktion skizziert. Die umfassende und in allen relevanten Dokumenten offen ausgesprochene Vereinnahmung von Zukunftstechnologien unter den Leitgedanken der nationalen Sicherheit sowie der „zivil-militärischen Fusion“ werden Zukunftstechnologien prinzipiell ausnahmslos zu Dual-Use-Technologien.

„Informatisierung“ (xinxihua) ist ein eigener chinesischer Begriff, der Mittel (Informations- und Kommu-nikationstechnologie; im Folgenden: IKT bzw. IT), Zweck (Wirkung im Informationsraum) und Ziel (Kon-trolle über die anderen Akteure im Informationsraum) zugleich umfasst. Während die militärische Dimen-sion der IKT und des Cyberraumes bereits über eine Dekade in Chinas Verteidigungsweißbüchern eingeführt ist, sind entsprechende Strategien für Gesellschaft, Wirtschaft und Industrie zwar ebenfalls schon seit über 10 Jahren öffentlich dokumentiert, aber in ihrer Tragweite nicht immer vollständig verstanden. Sie sieht nicht nur die technologische Modernisierung der IKT-Infrastrukturen vor, sondern versteht diese als umfassendes Instrument staatlicher Wirkung und Kontrolle. Die praktischen Konsequenzen reichen dabei bis hin zur vollständigen Kontrolle persönlicher Kommunikation, der Erfassung der sozialen Kreditwürdigkeit oder weitreichender selektiver Abschottung des chinesischen Internets vom Ausland.

Unter „zivil-militärischer Fusion“ wird die angestrebte wechselseitige Durchdringung von Zivil- und Rüs-tungsindustrie verstanden. Auch dieses Konzept ist nicht neu, sondern wird seit längerem in den militärischen Weißbüchern wie auch der Fünfjahresplanung, zum Beispiel im 12. Fünfjahresplan von 2011 verwendet. „Gemäß den Erfordernissen einer starken Armee“ ist der „revolutionierte, modernisierte und standardisierte Aufbau der Streitkräfte“ voranzutreiben. Die auf allen Regierungsebenen einzurichtenden Stellen für die zivil-militärische Fusion sollen den Austausch von Technologien, Fachpersonal, Kapital und Informationen zwischen Zivilwirtschaft und Verteidigungswirtschaft fördern. In diesem Kontext wird deutlich, dass die geforderte Fähigkeit zu „indigener Innovation“ (zizhu chuangxin nengli; Regierungsbericht 2017) nicht nur eine Frage möglichen Nationalstolzes ist, sondern als notwendig für die Steigerung der wehrtechnischen Leistungsfähigkeit gesehen wird und somit ein Element nationaler Sicherheit ist.

Vier Handlungsempfehlungen für Deutschland und die EU

China stellt immer größere Bereiche staatlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Handelns unter ein eigenes Konzept nationaler Sicherheit. Es ist dringend geboten, dieses Konzept in seiner Gesamtheit und seiner Weiterentwicklung systematisch zu verfolgen, da die Auswirkungen auf deutsche Interessen bereits jetzt deutlich spürbar sind und in Zukunft eher zunehmen werden. Hierzu sind vier Empfehlungen zu geben.

  1. Trotz oberflächlich ähnlicher Namensgebung dürfen Chinas Umfassende Nationale Sicherheit und der Vernetzte Ansatz der Bundesrepublik Deutschland nicht miteinander verwechselt werden. Die gängige Verwendung des englischen Begriffs „comprehensive“ legt Gemeinsamkeiten nahe, wo keine vorhanden sind.
  2. Deutsche Akteure müssen sich intensiv mit der Frage auseinandersetzen, welche möglichen strategischen Dimensionen politische und wirtschaftliche Kooperationen annehmen können.
  3. China ist in seiner Gesamtheit als strategischer Akteur zu verstehen. Dies erfordert auf deutscher Seite eine ressortübergreifende Betrachtung.
  4. Die deutsch-chinesischen Beziehungen sind offiziell als „umfassende strategische Partnerschaft“ definiert; die Vielzahl verstetigter Dialogmechanismen sollte noch umfassender als bisher für die strategische Willensbildung genutzt werden.

1. Chinas Umfassende Nationale Sicherheit sollte nicht mit dem Vernetzten Ansatz der Bundesrepublik Deutschland verwechselt werden. Der Vernetzte Ansatz ist seinem Wesen nach dynamisch und aktiv, denn er setzt auf Prozessorientierung, Flexibilität, Agilität im Umgang mit bekannten sowie unvorhersehbaren Herausforderungen; er fordert Resilienz von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft gegen direkte Angriffe und indirekte Einflussnahme. Daraus ergibt sich die Forderung nach Strategiefähigkeit von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft (einschließlich nichtstaatlicher Akteure), ohne dass im Umkehrschluss eine Kollision der etwaigen nationalen Gesamtstrategie mit den in der Verfassung verankerten Prinzipien der Regierungs- und Amtsführung (Ressortprinzip, Richtlinienkompetenz und Kollegialitätsprinzip) toleriert würde.

Im Gegensatz dazu ist das chinesische Konzept Umfassender Nationaler Sicherheit im Kern reaktiv und statisch und primär auf die Partei fokussiert: Die Nationale Sicherheitskommission untersteht dem ZK der KPCh, und die Volksbefreiungsarmee ist die Armee der Partei. Darüber hinaus wird zwar die dialektische Wechselwirkung der sicherheitspolitischen Themenfelder betont („Reiches Land, starke Armee“), aber alle Aktivitäten werden zentral kontrolliert.

In unterschiedlicher Ausprägung ist beiden Ansätzen gemeinsam, dass die Domänen Innerer und Äußerer Sicherheit nicht mehr trennscharf unterschieden werden können. Allerdings unterscheiden sich deutsche und chinesische Positionen zu Fragen der nationalen und regionalen Entwicklung, der Bündnispolitik sowie der Krisenvorsorge, -intervention und -nachsorge fundamental. Deutschland setzt auf Europäisierung und Multilateralismus, wohingegen China einen unilateralistischen, primär auf Systemerhalt gerichteten zentralisierten, vertikal gesteuerten Ansatz verfolgt. China unterstützt die Peace Keeping Organisation der Vereinten Nationen, versteht sich aber nicht als Partner auf Dauer angelegter militärischer Bündnisse. Die chinesische Haltung zu Krisenintervention ist durch das Prinzip der Nichteinmischung geprägt, während China in seiner Entwicklungszusammenarbeit vergleichsweise niedrige Anforderungen an gute Regierungsführung seiner Partnerländer stellt.

2. Das wirtschaftliche und technologische Erstarken Chinas mit all seinen positiven wie negativen Auswirkungen auf die deutsche und europäische Industrie ist nur das sichtbarste Element strategisch motivierten Technologieerwerbs in Verbindung mit der gezielten Nutzung weltweit wachsender Marktanteile. Ebenso sind die energisch vorangetriebenen Regionalstrategien wie zum Beispiel die Belt and Road-Initiative („One Belt, One Road“: Aufbau einer interkontinentalen Handels- und Infrastruktur) essentielle Bausteine für den Schutz von Chinas Interessen.

Die bereits für die nächste Dekade bekanntgegebenen Zielzahlen der Beherrschung von Schlüsseltechnologien weisen außerdem darauf hin, dass China sein Wohl nicht in einer arbeitsteiligen Weltordnung sieht, sondern seine Unabhängigkeit nicht für die im Außenhandel erzielbaren komparativen Kostenvorteile eintauschen will.

Deutsche Unternehmen mit Interessen in China müssen sich also wesentlich intensiver als früher mit der Frage auseinandersetzen, inwieweit Kooperationen rein bilateralen Unternehmensinteressen dienen oder welche weiterreichenden strategischen und möglicherweise militärischen Implikationen sich aus wirtschaftlicher Kooperation und Technologietransfers ergeben. Dies gilt besonders für alle oben genannten Technologiefelder, insbesondere den großen Bereich von Computer-, Kommunikations- und Automatisierungstechnologien, da diese Technologien von China gezielt auch für staatliche Zwecke gefördert werden.

3. Daraus ergibt sich unmittelbar der Imperativ, China in seiner Gesamtheit als strategischen Akteur wahrzunehmen. Das setzt voraus, dass es in Deutschland und Europa umfassende und vor allem vernetzte Kompetenzen gibt, die die Strategieentwicklung Chinas in allen Gestaltungsfeldern – Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaft und Militär – konsequent und koordiniert verfolgen. Dazu bedarf es deutlich mehr als rein sprachlicher, einzelfachlicher und (inter-)kultureller Kompetenz; gebraucht wird ein engerer Austausch zwischen den Ressorts, der Wissenschaft und der Wirtschaft. So intensiv die bestehende Vernetzung in Deutschland zwischen Teilmengen von Akteuren ist (zum Beispiel das Wirtschafts- und Forschungsressort, die Industrie und Forschungseinrichtungen, Politikberatung und Hochschulen), so sehr ist die konzertierte Befassung mit Chinas Strategieentwicklung, die dem Weltmachtcharakter Chinas gerecht wird, ein Desideratum.

4. Die deutsch-chinesischen Beziehungen sind von außerordentlich hoher Bedeutung für beide Staaten. Nicht nur sind beide Länder füreinander die größten Handelspartner in der jeweiligen Region, 2017 etwa mit einem Handelsvolumen von rund 170 Milliarden Euro, sondern beide Länder pflegen im Rahmen ihrer im Jahr 2014 geschlossenen „umfassenden strategischen Partnerschaft“ auf höchster Regierungsebene einen regen und offenen politischen Austausch, der auf Arbeitsebene durch über 80 verstetigte Dialogmechanismen in allen wichtigen Politikfeldern unterstützt wird. Rasch nutzbare vertrauenswürdige Kommunikationswege sind hier grundsätzlich auch für schwierige Themen vorhanden.

Der Prozess der politischen Steuerung Chinas zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass vor der Verabschiedung grundlegender gesamtstaatlicher Gesetze und Regeln oft eine Phase mit inhaltlich, zeitlich oder regional begrenzten Experimenten steht, mit denen nicht nur die Wirksamkeit des Politikansatzes, sondern auch die Reaktionen der Betroffenen getestet werden sollen. Die meisten tiefgreifenden Veränderungen werden vorab in Form von Positionspapieren oder Gesetzesentwürfen in der Öffentlichkeit zirkuliert. Auch liegt zwischen Inkrafttreten einer Bestimmung und ihrer regulären Durchsetzung oft eine längere Übergangsphase, wodurch sich ein nutzbares Zeitfenster für Stellungnahmen ergibt. In den bereits genannten Dialogmechanismen der Ressorts sollten diese Zeitfenster genutzt werden, um Einfluss auf chinesische Politikgestaltung und Entscheidungsprozesse nehmen zu können, auch in der Sicherheitspolitik.

Dr. Oliver Corff ist Sinologe, Wirtschaftsberater und Dolmetscher bei hochrangigen deutsch-chinesischen Konsultationen. Er forscht zu chinesischer Strategieentwicklung und ist Mitglied des Freundeskreises der BAKS. Der Autor gibt seine persönliche Meinung wieder.

Copyright: Bundesakademie für Sicherheitspolitik | ISSN 2366-0805 Seite 1/5

 

Arbeitspapier Thema: 
Sicherheitsstrategie
Region: 
Asien/Pazifik
China
Schlagworte: 
China
Sicherheitsstrategie
Asien/Pazifik