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Zusammenfassung des Moduls 3: Elemente globaler Ordnung und die Rolle der USA

Montag, 2. April 2012

Globalisierung Chance oder Schreckgespenst?

Ansicht des Kapitols in Washington D.C.

Das Kapitol der Vereinigten Staaten von Amerika, in Washington, D.C.
Quelle: Bundesakademie für Sicherheitspolitik

Ausgehend von den frühen neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts wird das Phänomen der Globalisierung - nicht selten ideologiebefrachtet - intensiv diskutiert. Globalisierung steht dabei als Verdichtungssymbol sowohl für die Chancen zu mehr Wohlstand und Überwindung der Armut in der Argumentation der Befürworter wie auch als Auslöser gegenläufiger Entwicklungen nach Sichtweise ihrer Gegner. Unbestritten sind die Divergenz der Volkswirtschaften im Zuge der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert und die hieraus resultierende rasante Entwicklung der Industrieländer. Mit der wirtschaftlichen Öffnung Chinas, dem Ende des Ost-West-Konflikts, der Umsetzung wirtschaftsliberaler Politik in den Industrieländern, dem Aufstieg der BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) bzw. der sogenannten Schwellenländer ist Globalisierung im volkswirtschaftlichen Kontext - „deeper, faster and cheaper“ – in eine neue Phase zunehmender Konvergenz eingetreten. Globalisierungsbefürworter konstatieren im Kontext den Aufstieg der BRICS-Staaten und der Schwellenländer. Neben den „klassischen“ Industrieländern sind diese Länder zu gewichtigen Faktoren in der Weltwirtschaft geworden. Nach aktuellen Schätzungen wird China vermutlich 2016 die USA als größte Volkswirtschaft ablösen. Mit dem Ende des letzten Jahrtausends und dem Übergang von der Industrie- zur Informationsgesellschaft ist die Menschheit mittlerweile zur größten geologischen Kraft geworden d.h. der Mensch verändert in einschneidender Weise die Umwelt zum Beispiel durch CO2-Ausstoß.

Der zunehmende Wettbewerb um Ressourcen, Klimawandel, globale Interdependenzen (z.B. die jüngsten internationalen Finanzkrisen), zunehmender Einfluss global agierender nichtstaatlicher Wirtschaftsakteure, aber auch nicht zu vergessen asymmetrische Bedrohungspotentiale durch international agierende organisierte Kriminalität und terroristische Netzwerke sind die Herausforderungen, denen sich die internationale Staatengemeinschaft stellen muss. Globalisierung hat dabei nach Analyse ihrer Gegner insbesondere mit Blick auf die Umwelt (u.a. Klimawandel, Hunger, Artensterben und Wassermangel) keine greifbaren Fortschritte gebracht und ist als verantwortungsgeleiteter Prozess gescheitert.

Die Rolle internationaler Foren wie G7/8, G20, G77 und des Weltwirtschaftsgipfels in Davos wurde intensiv beleuchtet: Mit der Institutionalisierung der G20 sind nun auch die wichtigen Schwellenländer in die Gestaltung weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen eingebunden. Wie sich auf dem Treffen der Finanzminister der G-20 im Februar 2012 in Mexiko-Stadt zeigte, sind viele Schwellenländer vor dem Hintergrund der Euro-Krise längst dem Status des Leistungsempfängers entwachsen; sie leisten Hilfe zur Überwindung der Euro-Krise und fordern daher mehr Mitbestimmung im IWF.

Deutsch-Französische Partnerschaft als Motor für die Europäische Integration.

Beim Besuch in der französischen Botschaft wurde den Teilnehmern aus erster Hand die besondere Bedeutung der deutsch-französischen Beziehungen als Motor für eine Weiterentwicklung der Europäischen Union dargelegt. Eine engere Zusammenarbeit in der EU unter Annäherung an eine gemeinsame Sicht der Welt sowie eine Stärkung des bilateralen strategischen Dialogs sind hierbei wesentlich. Frankreich und Deutschland sind und bleiben entscheidende Akteure zur Stärkung Europas für die Herausforderungen der Zukunft.

Die Vereinten Nationen und ihre neuen Aufgaben

In Gesprächen mit Vertretern der Vereinten Nationen und mit ihnen verbundenen Institutionen und Organisationen in New York wurde die neue Rolle der VN in Hinblick auf die sicherheitspolitischen Herausforderungen deutlich: Auch nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes bleibt die Friedenssicherung und Schutz der Menschenrechte von entscheidender Bedeutung. Doch sind zwischenstaatliche Konflikte gegenüber innerstaatlichen zunehmend in den Hintergrund geraten. Vor dem Hintergrund der neu entwickelten Konzepts der „Responsibility to protect“ sind neben den klassischen VN-geführten und den sogenannten Hybridmissionen die VN-mandatierten sog. Humanitären Interventionen zum bedeutendsten militärischen Werkzeug internationaler Friedenssicherung geworden. Sie kommt vor allem dann zur Anwendung, wenn eine Konfliktlösung im unmittelbaren Interesse gewichtiger VN-Mitglieder liegt. Die wahrgenommene Tendenz, den VN lediglich eine Restkompetenz für sogenannte „vergessene Konflikte“ zu überlassen, stellt ein Problem dar.

USA und Europa und die Zukunft der strategischen Partnerschaft

Im zweiten Abschnitt der Reise standen zunächst die US-Regierungsinstitutionen in Washington im Vordergrund. Im unmittelbaren Umfeld des „Super-Tuesday“ wurde der hohe Grad der Polarisierung im politischen Diskurs sowie die Schwierigkeiten des Zusammenwirkens zwischen Präsident und US-Kongress eindrucksvoll deutlich.

Vertreter des State Departments betonten die strategische Partnerschaft mit Europa, die sich auf alle Bereiche erstrecke und auf arbeitsteilige ganzheitliche Problembewältigungen ziele. Deutsche Journalisten in Washington bekräftigten, die USA hätten keine andere Wahl für eine umfassende strategische Partnerschaft, Europa aber auch nicht. Die Finanz- und Schuldenkrise wurde von ihnen auch als Chance definiert, sowohl in den USA als auch in Europa bis dahin politisch unmögliche Maßnahmen zu ergreifen.

Die Diskussionen mit Vertretern Washingtoner „Think Tanks“ gaben einen weiteren interessanten Einblick in die US-amerikanische Debatte. Vertreter stellten die Frage, was „US-leadership“ für die Welt heute bedeute. Das 20. Jahrhundert ließe sich nicht wiederholen, wie solle die Welt aber gestaltet werden? In diesem Zusammenhang wünschten sie explizit mehr europäische Vorschläge und Initiativen. Unstreitig für sie war dabei, dass „smart defense“ auf militärischen Fähigkeiten basiere, die NATO sei als militärisches Bündnis das einzige Mittel der Wahl. Eine Arbeitsteilung nach dem Motto
„ you (USA) do the military stuff, we (EU) do the soft stuff“ sei keine Lösung. In der Nachbarschaft, z. B. Nordafrika solle die EU die Führung übernehmen. Am Rande machten sie deutlich, dass mit Entwicklungspolitik in den USA keine Wahlen und auch sonst wenig Prestige zu gewinnen seien.

Ein Besuch im „Deutschen Historischen Haus“ sowie der dortige Vortrag eines Repräsentanten der Wirtschaft boten schließlich einen Blick in den wissenschaftlichen Austausch sowie die praktischen Schwierigkeiten deutscher Unternehmen, in den USA Fuß zu fassen.

Weltbank und Internationaler Währungsfonds als wirksame Instrumente der Krisenbewältigung

Der Besuch der internationalen Organisationen Weltbank und IWF beleuchteten die internationale Finanzkrise und die europäische Schuldenkrise. Die Aufgaben des IWF hätten sich zu einer stärkeren Fokussierung auf die Beobachtung des gesamten internationalen Finanzsektors verschoben, um systemische Krisen frühzeitig zu entdecken. Spürbar sei die Forderung an Deutschland in diesem Bereich eine Führungsrolle zu übernehmen.

Fazit

Die budgetären Ressourcen für die sicherheitspolitischen Erfordernisse in Europa und Deutschland werden vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, der globalen Herausforderungen zur Bewahrung der Umwelt, der zunehmenden Rohstoffverknappung und der gestiegenen Risiken auf den internationalen Finanzmärkten geringer. Umso wichtiger ist es, dass sich Deutschland in der EU wie auch im NATO-Rahmen für die weitere Fortentwicklung, Integrität und Integration kollektiver Sicherheit angemessen einsetzt. Frankreich und Deutschland als „Gespann“ könnten hierbei eine „treibende“ Funktion innerhalb der EU übernehmen. „Pooling and Sharing“ verstanden als Instrument zur Effektivitätssteigerung wird dabei künftig als europäisches sicherheitspolitisches Modell wichtiger denn je. Dies setzt allerdings verlässliche Partner voraus. In diesem Zusammenhang bleibt die Frage nach der Beibehaltung einer von den USA unabhängigen europäischen Verteidigungsindustrie zu beantworten.

Autoren: Arbeitsgruppe Nordamerika des Seminar für Sicherheitspolitik