Am 26.08.11 war es wieder soweit: Turnusgemäß wechselte die Spitze der Akademie vom Bundesministerium der Verteidigung zum Auswärtigen Amt. An der Anzahl und der Herkunft der Gäste, die dem feierlichen Festakt im Historischen Saal der BAKS beiwohnten, war klar abzulesen: Die BAKS ist die anerkannte höchstrangige, ressortübergreifende Weiterbildungsstätte des Bundes im Bereich der Sicherheitspolitik.
Der neue Präsident, Herr Dr. Hans-Dieter Heumann, Frau Staatssekretärin Dr. Emily Haber, Bundesminister der Verteidigung, Herr Dr. Thomas de Maizière und der scheidende Präsident, Herr Generalleutnant a.D. Kersten Lahl
Quelle: Bundesakademie für Sicherheitspolitik
Nicht nur hochrangige Diplomaten und Spitzenmilitärs sowie –politiker saßen in dem Raum, in dem einst der Zentrale Runde Tisch der „DDR“ tagte und der 2. Weltkrieg in den Verhandlungen der „2+4-Verträge“ wirklich beendet wurde und Deutschland uneingeschränkt wieder seine Souveränität erlangte. Auch zahlreiche Gäste aus dem Bereich Wissenschaft, Wirtschaft, Kirche, Entwicklungshilfe und Polizei, ja, insgesamt der breiten staatstragenden Gesellschaft belegten, dass die BAKS ein ressortübergreifendes und nicht eindimensionales Verständnis einer Vernetzten Sicherheit im Rahmen Ihrer Seminare und Weiterbildungen vermittelt. Viele der Anwesenden waren in der Vergangenheit oftmals selbst als Referenten an der BAKS gewesen, was verdeutlicht, wie aktuell und „praxisorientiert“ die BAKS ihre Weiterbildung gestaltet.
Im nächsten Jahr ist es 20 Jahre her, dass die BAKS den Auftrag des Bundessicherheitsrates, dem sie untersteht, begonnen hat umzusetzen: Die Akademie startete durch gemeinsame Weiterbildung gegenwärtiger und zukünftiger Führungskräfte aus Bundes- und Länderressorts sowie aus dem sicherheitspolitisch relevanten Umfeld ein umfassendes Verständnis für die langfristigen sicherheitspolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland zu fördern. Dabei sollten nach Möglichkeit alle diplomatischen, militärischen, ökonomischen, ökologischen, entwicklungspolitische und weitere Aspekte integriert werden. Durch ihre Veranstaltungen schafft die BAKS bis zum heutigen Tage ein dauerhaftes und ständig wachsendes Netzwerk der Entscheidungsträger und Akteure auf strategischer Ebene. Dabei versteht sie sich als herausgehobenes Diskussionsforum und fördert den handlungsorientierten Gedankenaustausch über nationale wie internationale Lösungsansätze. Für ihre Arbeit verfügt die Akademie mit Ihren Häusern BONN und BERLIN über Gebäude mit modernster Kommunikationstechnik.
Mit dem 2008 durch den Bundessicherheitsrat gebilligten neuen Akademiekonzept bekam die Akademie weitere Aufgaben und eine neue Struktur.
Seit April 2008 war Generalleutnant a.D. Lahl Präsident der BAKS und hatte am 14. November 2010 für seine herausragende Arbeit für die Interessen des Landes und sein besonderes persönliches Engagement für die Verbreitung des ressortübergreifenden sicherheitspolitischen Diskurses in Politik und Gesellschaft den Verdienstorden 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik vom damaligen Verteidigungsminister verliehen bekommen.
In seiner Rede wies der scheidende Präsident darauf hin, dass die Chancen, Risiken und Herausforderungen für eine deutsche Sicherheitspolitik durch neuere Entwicklungen und globale Zusammenhänge längerfristiger Relevanz zunehmend komplex geworden seien. Daher müsse die deutsche Sicherheitspolitik mehr als je zuvor aktiv mit gestalten. Das bedeute „kein Mitmachen um jeden Preis oder gegen die eigene Überzeugung, aber Initiative, Engagement und Solidarität auch in schwierigen Lagen“, so Lahl. Außerdem müsse Klarheit und möglichst Konsens über die deutschen sicherheitspolitischen Interessen bestehen. Deutsche Sicherheitspolitik solle zudem umfassend denken und handeln. Dabei sei ein ganzheitlicher und umfassender Ansatz zu berücksichtigen, bei dem eine situationsgerecht angepasste und sorgfältig austarierte Mischung unterschiedlicher Instrumente – diplomatische, militärische, polizeiliche, entwicklungspolitische, ökonomische – vorgenommen werde. Eine eingehende Vernetzung aller Akteure und Ebenen in diesem Zusammenhang sei nur folgerichtig und noch deutlich verbesserungswürdig. Dies schließe ein strategisches Denken explizit mit ein: „Je mehr Sicherheitspolitik präventiv wirkt, umso klüger ist sie.“ Dazu gehöre zwangsläufig auch eine schriftlich fixierte, übergreifende deutsche Sicherheitsstrategie.
Als Fazit stellte Lahl abschließend im Vergleich von Idealvorstellung und Wirklichkeit deutscher Sicherheitspolitik drei generell Schwachstellen fest:
- Eine Kommunikationslücke, d.h. der Bürger werde zu wenig eingebunden und er beteilige sich zu wenig an einer Diskussion und insbesondere fehle der Diskurs über deutsche Sicherheitsinteressen.
- Eine Organisationslücke, d.h. es fehle ein fest etabliertes, zentrales Strukturelement zur übergreifenden Lageanalyse, Bewertung und Entscheidungsvorbereitung.
- Eine Strategielücke, d.h. es fehle eine abgestimmte und für alle verbindliche Gesamtstrategie im Sinne deutscher „Sicherheitspolitischer Richtlinien“.
Anschließend entrichtete Frau Staatsekretärin Haber aus dem Auswärtigen Amt ein Grußwort. Sie stellte heraus, dass der Nachfolger von Herrn Lahl, Herr Dr. Heumann, durch seine Vita in idealer Weise für das Amt des Präsidenten geeignet sei. Zum einen habe ihn sein letzter Dienstposten als ständiger Vertreter Deutschlands im Europarat und zum anderen seine Teilnahme an dem Seminar für Sicherheitspolitik 2005 an der BAKS bestens vorbereitet.
In seiner Rede nahm der Bundesverteidigungsminister deutlichen Bezug auf das „Lückenmodell“, das der scheidende Präsident in seiner Rede entworfen hatte. Was die Kommunikationslücke angehe, so stimmte der Minister Herrn Lahl uneingeschränkt zu. In Deutschland werde eine sehr „introvertierte“ Debatte geführt. Die so genannte „sicherheitspolitische Community“ sei sehr klein und mehr auf sich bezogen; ein Dialog mit der Bevölkerung finde nicht statt. Dies könne auch an dem mangelnden Interesse und Engagement der Medien liegen, denn „wenn man als Journalist Sicherheitspolitik macht, wird man nicht so schnell Chefredakteur“, so der Minister. Eine Organisationslücke sah der Minister hingegen nur teilweise. Eine Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrates in Deutschland nach US-Vorbild lehnte er strikt ab: „Das passt nicht in unsere bisherige Kultur und Sozialisation“. Er sah vielmehr eine Lücke in der Analyse. Denkbar wäre daher die Schaffung eines sogenannten Kompetenzzentrums, in dem Sicherheitspolitik ressortübergreifend und unter Einbeziehung vieler anderer Dienststellen des Bundes bearbeitet wird. De Maiziére betonte, heute gebe es nicht nur die klassischen Sicherheitsressorts. Auch Bundesumweltamt oder das Statistische Bundesamt könnten eigene Beiträge leisten genauso wie die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Eine „Strategielücke“ hingegen sah der Minister keinesfalls. Er würde sich vielmehr freuen, wenn die von ihm kürzlich veröffentlichten Verteidigungspolitischen Richtlinien in der Öffentlichkeit diskutiert würden. Ein Strategiepapier sei entweder zu abstrakt und damit folgenlos oder zu festgelegt und damit zu kurzzeitig. Bevor ein Strategiepapier entwickelt werden könnte, müsste zudem erstmal umfassend der Sachverhalt ermittelt werden. Dies fehle ihm z.B. im Fall Libyen, bei dem viel über Strategien gesprochen werde, ohne erstmal grundlegende Hintergrundinformationen zusammen getragen zu haben.
Beim abschließenden Empfang zeigte sich das vorher angesprochene, durch die BAKS initiierte Netzwerk von Akteuren der Sicherheitspolitik „in gelebter Form“. Die unterschiedlichsten Facetten dieses Netzwerks kamen ins Gespräch und erfreulicherweise waren auch viele Alumni des sechsmonatigen Seminars für Sicherheitspolitik als Teil dieses Netzwerks anwesend. Das Seminar findet stets von Januar bis Juni eines Jahres statt und richtet sich an Führungskräfte des sicherheitspolitisch relevanten Spektrums (Diplomaten, Militärs, Wirtschaftsunternehmen, NGOs usw.) und entsprechende Vertreter von NATO/-EU-Ländern. Neben hochrangigen Gesprächsrunden in sicherheitspolitischen Entscheidungszentren, z.B. Brüssel, New York, Washington und Moskau, werden Feldstudienreisen in Krisengebiete, z.B. Libanon, Israel, durchgeführt. Zudem bestehen zahlreiche Möglichkeiten für Gespräche mit Ministern und Staatssekretären unterschiedlicher Länder sowie mit dem Chef des Bundeskanzleramts, der persönlich die Einladungen für das Seminar verschickt (siehe hierzu auch die Informationsbroschüre auf der Homepage der BAKS). Neben dem persönlichen Netzwerk unterstützt die BAKS die sicherheitspolitische Community insbesondere durch ein exklusives computergestütztes Netzwerk im Internet, zu dem vor allem Mitglieder des Freundeskreises der BAKS Zutritt haben. Diesen Mitgliedern stehen auch zahlreiche der interessanten Veranstaltungen offen, die die BAKS ganzjährig durchführt (siehe hierzu den Veranstaltungskalender auf der Homepage der BAKS).
Autor: Boris Bovekamp