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Rebellen, Warlords, Freiheitskämpfer: Herausforderungen, Risken und Grenzen im Umgang mit nichtstaatlichen Gewaltakteuren

Donnerstag, 5. November 2009

Um Konfliktarbeitung und Friedensentwicklung in Krisenregionen erfolgreich zu unterstützen, ist eine angemessene Berücksichtigung von nichtstaatlichen Gewaltakteuren unverzichtbar. Denn diese Akteure bestimmen die Dynamik und den Verlauf bewaffneter Konflikte in erheblichem Ausmaß. Rebellen, Befreiungsbewegungen oder Warlords stellen das Gewaltmonopol des Staates in Frage, üben häufig Territorialkontrolle aus und haben politische Machtansprüche.

Diskussion in Arbeitsgrupppen
Quelle: Bundesakademie für Sicherheitspolitik

Obwohl nichtstaatliche Gewaltakteure keine neue Erscheinung des weltweiten Konfliktgeschehens sind, haben sie in jüngster Zeit verstärkt Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Die Zivilbevölkerung leidet häufig unter groben Menschenrechtsverletzungen, da die völkerrechtliche Verbindlichkeiten für nichtstaatliche Gewaltakteure kaum bestehen oder nicht respektiert werden. Aber auch für die Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe in Konfliktsituationen stellen diese Akteure große Herausforderungen dar: Der Zugang zur notleidenden Bevölkerungen wird oft erschwert oder ganz verhindert, und durch Anschläge und Entführungen ist die Sicherheit des Personals häufig gefährdet. Mangelnde Leitlinien für den Umgang mit nichtstaatlichen bewaffneten Gruppierungen können deshalb zu praktischen und strategischen Dilemmata führen.

In seinem Beitrag ging Dr. Jörn Grävingholt vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik nicht nur auf die Chancen ein, welche der Umgang mit diesen Akteuren birgt, sondern auch auf die ethischen, juristischen, politischen und analytischen Herausforderungen. Dr. Grävingholt empfahl ein strategisches und abgestimmtes Vorgehen, das sich sowohl nach dem jeweiligen Kontext als auch nach ressortübergreifenden und internationalen Leitlinien richten sollte. Erste Schritte auf diesem Weg sind Analysen, Evaluationen und Lernprozesse sowie ein breiter Erfahrungsaustausch.

Botschafter Dr. Thomas Greminger aus der Schweiz bot anhand von mehreren Beispielen Einblicke in die Erfahrungen seines Landes mit bewaffneten nichtstaatlichen Gruppierungen in Krisenregionen. Schwerpunkte des Schweizer Außenministeriums sind dabei die Einhaltung von Menschenrechten und des humanitären Völkerrechts durch die Gruppierungen sowie vielfältige Vermittlungsaktivitäten bei Friedensprozessen. Im Mittelpunkt der Ausführungen standen die Leitlinien, die den Umgang mit diesen Gruppen bestimmen und vor allem begrenzen.

Bei der Paneldiskussion verschiedener Ressortvertreter aus dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, dem Bundesministerium des Inneres, dem Bundesministerium der Verteidigung und dem Auswärtigen Amt wurden die Perspektiven der verschiedenen Häuser deutlich. Einigkeit bestand in der anschließenden Diskussion darüber, dass vor allem gemeinsame Analysen notwendig sein. Allgemeine abgestimmte Leitlinien nach dem Schweizer Vorbild erschienen sinnvoller als starre Konzepte.

In mehreren Arbeitsgruppen diskutierten die Teilnehmer zusammen mit Experten unterschiedliche Fallbeispiele (Afghanistan, Nepal, palästinensische Gebiete und Sudan). Dabei wurde in allen Diskussionsgruppen deutlich, dass eine ausreichende Berücksichtigung von nichtstaatlichen bewaffneten Akteuren ein zentrales Kriterium für den Erfolg von Projekten in Krisenregion darstellt. Für eine umfassende Analyse müssen diese Gewaltakteure immer im Zusammenhang mit staatlichen Strukturen, der Zivilgesellschaft und dem regionalen sowie internationalen Umfeld gesehen werden. Der Bedarf an Abstimmung zum Thema wurde deutlich sichtbar, so dass eine Fortsetzung des Dialogs beabsichtigt ist.

Autor: Christine Meissler