Aktuelles

Mittwoch, 11. Februar 2009

Freitag, 13. März 2009

Der zweite Reisetag führte das Seminar zunächst ins Pentagon. Nach der Begrüßung durch den stellvertretenden Abteilungsleiter J5, standen Vorträge zur den derzeit laufenden Einsätzen der amerikanischen Streitkräfte im Allgemeinen und zum Einsatz in Afghanistan im Besonderen, sowie zur Nato-Strategie auf dem Programm.

Ansicht eines Friedhofes mit vielen Soldatengräbern in Reihe.

Der Friedhof Arlington in Virginia ist der zweitgrößte Friedhof der Vereinigten Staaten.
Quelle: Bundesakademie für Sicherheitspolitik

Vorweggenommen fiel auf, dass sich trotz der Tatsache, dass es keinen Wechsel im Amt des Verteidigungsminister gab und nach wie vor der Republikaner Robert Gates die Streitkräfte befehligt, sich eine Neuorientierung und Bewertung der „Hot-Spots“ im Pentagon zu vollziehen scheint. Auch wenn der Wechsel der Administration wenig Einfluss auf die militärischen Dienstposten im Pentagon und mehr Einflussauf die politischen Dienstposten auf Führungsebene hat, scheint sich insbesondere die Neuausrichtung der Außen – und Sicherheitspolitik hin zu einem Klima der Kommunikation und Kooperation mit anderen Staaten bereits auf Arbeitsebene auszuwirken. Allerdings weiß keiner zum jetzigen Zeitpunkt genau wie. Tatsache war, dass die Teilnehmer des SP09 mehr oder weniger funktionale Standardbriefings über das derzeitige Engagement der amerikanischen Streitkräfte an den unterschiedlichsten Orten der Welt erhielten und wie diese Tätigkeiten organisationstechnisch und administrativ bewältigt werden. Aussagen zur künftigen Strategie, zur weiteren Vorgehensweise im Hinblick auf Guantanamo oder Abu Ghraib erhielt man nicht. Auch im Pentagon schien die Wirtschafts – und Finanzkrise derzeit alle weiteren Themen zu überschatten. Jedoch wäre man schlecht beraten, im Wissen um die Notwendigkeit eines umfassenden Verständnisses von Sicherheitspolitik, die anderen Themen dabei zu vernachlässigen. Und so haben die Amerikaner auf kurze – bis mittelfristige Sicht einige Herausforderungen zu bewältigen. So ist natürlich der Irak und die Verlagerung des militärischen Schwerpunktes nach Afghanistan - die Streitkräfte sollen zusätzlich 17.000 Soldaten an den Hindukusch verlegen - aber auch in diesem Zusammenhang Pakistan und Indien eines der Kernthemen im Pentagon. Die ungelöste Frage um den Konflikt in Israel und Palästina und eine von George W. Bush nicht mehr erreichte Friedensregelung, die Neuausrichtung der Politik im Hinblick auf den Iran. (vgl. Rede Joe Biden auf der Münchener Sicherheitskonferenz 2009), aber auch Nord Korea, Piraterie, Kampf gegen Extremismus und Terrorismus und nicht zu vergessen die Unterstützung des Heimatschutzes, kennzeichnen die Aktivitäten des Pentagon. Insgesamt geht es um die Schaffung einer strategischen Balance und belastbaren Strategien für den Umgang in Fragen des Nahen und Mittleren Ostens, Russlands, Chinas, Afrika, Asien, aber auch den Konfliktregionen in Europa, wie dem Balkan und Georgien. Getragen von der Einsicht der globalen Vernetzung und Abhängigkeit ist es feste Absicht und Wille der neuen US-Administration an gemeinsamen Lösungen zur Bewältigung dieser Fragen mitzuarbeiten (und auch die Richtung vorzugeben). Ein erster Test für die Ernsthaftigkeit dieser Absicht wird sicher der bevorstehende NATO-Gipfel bringen, in der die seit Erstellung des letzten Updates zum strategischen Konzept 1999 von 16 auf 26 Mitgliedern gewachsene NATO Antworten auf die strategischen Herausforderungen der Zukunft geben sollte. Ein Anspruch, der aber nicht alleine an die Amerikaner zu richten ist.

Natürlich kann es keinen Besuch des Pentagon geben ohne sich nicht vor Ort über den Tag des 11. September 2001 zu informieren. Auch im achten Jahr des Anschlages sind die Amerikaner nicht nur inhaltlich, sondern vor allem auch emotional erfasst. Im Pentagon wurde an der Stelle des Einschlags des vollbesetzten American Airlines Flug 77 eine kleine Kapelle errichtet, die an die insgesamt 184 Opfer des Anschlages erinnern. 59 Beschäftigte des Pentagons und 125 Passagiere im Flugzeug – im Alter von 3 bis 71. Jahren verloren bei diesem Anschlag ihr Leben. Die angrenzende Gedenkstätte mit 184 flügelähnlichen Steinen erinnert an jedes dieser Opfer.

Gedenkplatte mit dem Inschrift "John Fitzgerald Kennedy 1917-1963"

Auf dem Friedhof Arlington wurde auch John F. Kennedy beigesetzt.
Quelle: Bundesakademie für Sicherheitspolitik

Unter fachkundiger Leitung von Frau Inge Schmidt, einer Deutschen die seit 30 Jahren in Washington D.C. lebt und sich als überaus kompetente und charmante Reiseleiterin erwies, besichtigte das SP09 vor dem nächsten Termin beim „Federal Bureau of Investigation“ (FBI) noch den Arlington Nationalfriedhof (engl. Arlington National Cemetery). Arlington ist einer von 139 Nationalen Friedhöfen in den USA und liegt im Bundesstaat Virginia, südlich von Washington D.C. Getrennt wird er durch den Potomoc River im Norden. Im Süden grenzt er an das Gelände des Pentagon. Errichtet wurde dieser zweitgrößte Friedhof der Vereinigten Staaten mit seinem 252 ha großen Areal 1864 während des Amerikanischen Bürgerkrieges. Jährlich finden dort etwa 5.400 Beerdigungen statt. Verwaltet wird der ausschließlich Militärangehörigen und deren Familienmitgliedern vorbehaltene Friedhof vom Heeresministerium. Aber auch drei Staatsbegräbnisse fanden bereits in Arlington statt. 1930 für William Howard Taft und 1963 für John F. Kennedy, beides Präsidenten der Vereinigten Staaten und 1948 für General John J. Pershing.

Der nächste Besuchstermin führte die Delegation wie bereits angesprochen zum „FBI“, wo mit Vertretern im Hauptquartier hauptsächlich Fragen zur Bekämpfung des Internationalen Terrorismus erörtert werden sollten. Auch beim FBI gab es nach den Anschlägen von 9/11 eine Zäsur. Die wesentliche lessons learned aus den Anschlägen war die Erkenntnis, dass es an Koordinierung zwischen Aufklärenden Kräften (intelligence) und den Akteuren in der Kriminalitätsbekämpfung mangelt. Der Tätigkeitsbereich dieser 1908 gegründeten und mit einem Jahresbudget von 6 Milliarden Dollar ausgestatteten 30.000 Mitarbeiter umfassenden Dienststelle umfasst über 200 Verbrechenstypen, wobei der Schwerpunkt auf Terrorismus, Drogenhandel und Gewaltverbrechen liegt. Aber auch bei Spionage gegen die USA wird das FBI als Aufklärungs – und Verfolgungsbehörde tätig. Anders als die in Deutschland tätigen Verfassungschutzämter, hat das FBI neben nachrichtendienstlichen Mitteln auch eine eigene Polizei und Strafverfolgungsbehörde. Nach 9/11 hat das FBI die Entwicklung von einer eher reaktiv arbeitenden zur einer proaktiv arbeitenden Dienststelle vollzogen und ihre Beobachtungen auch mit Unterstützung des CIA weltweit ausgeweitet. Dies bezieht sich vor allem auf die Verstärkung der Aufklärungskräfte.

Ansicht mit Zaunes der Aufschrift "Deutsche Botschaft. German Embassy"

Die Deutsche Botschaft in Washington D.C.
Quelle: Bundesakademie für Sicherheitspolitik

Allerdings stellt sich die Frage, inwieweit eine solche Arbeit mit dem CIA (Central Intelligence Agency, 1947 gegründet und mit einem Jahresbudget von 41 Milliarden Dollar für eine nicht bekannte Anzahl an Mitarbeitern ausgestattete Dienststelle) sinnvoll und zielgerichtet koordinierbar ist.

Nicht zuletzt, da der CIA auf Weisung des US Präsidenten auch verdeckte Operationen zur politischen und militärischen Einflussnahme im Ausland betreibt. Es kann der Eindruck entstehen, dass die Vielzahl von unterschiedlichen Diensten – und dabei wurden hier die militärischen und viele anderen Dienste noch gar nicht erwähnt – ein nicht unerhebliches „Eigenleben“ entwickelt haben, die einer zielgerichtete Beurteilung der Lage nicht immer dienlich sein könnte. Vieles ist dabei dem Kampf gegen den Terrorismus geschuldet, der aber –und dies scheint sich auch unter der neuen Administration zu verstärken – nicht als generelle Begründung für jede Einzelmaßnahme herhalten kann.

Positiv ist hervorzuheben, dass sich die Erkenntnis über die Notwendigkeit der Zusammenarbeit insbesondere auch bei den Nachrichtendiensten und den Strafverfolgungsbehörden Raum gegriffen hat. Wenngleich man aufgrund dieser Tatsache nicht erwarten kann, dass „nun jeder alles weiß“, hat dies doch zum besseren Austausch von Informationen mit befreundeten Nationen geführt. Diesem Umstand liegt auch die Einsicht zu Grunde, dass keine Nation alleine die sicherheitspolitischen Herausforderungen und Bedrohungen der Zukunft bewältigen kann.

Um eine erste Sicht eines in Amerika tätigen deutschen Repräsentanten zu erhalten stand die Fahrt zur Deutschen Botschaft in Washington D.C. als nächster Programmpunkt auf der Agenda.

Der Leiter der politischen Abteilung, Herrn Gesandten Christoph Eichhorn, bestätigte die bereits aufgenommene Stimmungslage und die Hoffnungen, die nicht nur die Amerikaner mit ihrem neuen Präsidenten verbinden. Am 20. Januar, unmittelbar nach der Vereidigung und bevor sich Barack Obama mit seiner Frau auf den Weg zu den 12 Bällen begab, auf denen er erscheinen musste, hatte er bereits die ersten Direktiven unterzeichnet.

Neben der Verfügung zur Schließung von Guantanamo und dem Verbot der Folter gab es auch erste Hinweise auf die neue Linie der Außen und Sicherheitspolitik, die auch von deutscher Seite als ermutigendes Zeichen für eine neue Qualität der transatlantischen Beziehungen gewertet wurden.

Aber auch innenpolitische Themen, wie dem ziel „equal pay for equal work“ und der Ausweitung des Krankenversicherungsschutzes, nahm sich der neue Präsident in den ersten Stunden seiner Amtszeit bereits an. Gleichwohl bleibt die Frage, ob sich das beeindruckende Tempo der beabsichtigten Umsetzung der Wahlversprechen der Demokraten angesichts der sich immer mehr verschärfenden Wirtschafts- und Finanzkrise durchhalten lässt. Fakt ist, dass keiner der Kandidaten im Herbst des letzten Jahres die Ausmaße dieser Krise erfassen konnte. Dies trifft allerdings – wie wir mittlerweile wissen – auch auf alle anderen so genannten Experten zu. Einen Einblick auf die Verfasstheit des amerikanischen Militärs gab im Anschluss der Militärattaché an der deutschen Botschaft in Washington D.C., Oberst i.G. Manfred Antes. So wurden alleine im Irak bisher ca. 4000 Soldaten getötet und etwa 50000 verletzt, davon 50% schwer. Hinsichtlich der Soldaten mit PTSD Syndrom gibt es nur Schätzungen, die die diagnostizierten Zahlen von 60.000 weit übersteigen dürften. Dass dies ein immer ernster zu nehmendes Phänomen darstellt, zeigt auch die Erhöhung der Suizidzahlen innerhalb der Streitkräfte, die in den letzten Monaten stark angestiegen sind. Und auch trotz eines bereits 2006 auf 420 Milliarden Dollar angewachsenen Verteidigungsetats haben die Streitkräfte, nicht zuletzt auch durch die materiellen Verluste in den Einsätzen merkliche Ausrüstungsdefizite – vor allem im Bereich der Luftwaffe.

Eine grundlegende Neuorientierung im Krisenmanagement weg von rein militärischen Lösungen hin zum vernetzten Ansatz der Kräfte aller sicherheitspolitischen Akteure würde auch zu einer notwendigen Entlastung des Militärs führen.

Am Abend stand noch ein weiterer Termin in Form eines Kamingespräches mit deutschen Journalisten der Zeit, der Süddeutschen Zeitung und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung auf dem Programm. Organisiert vom Leiter der Presseabteilung der deutschen Botschaft gaben die drei in Amerika tätigen Journalisten aus ihrer Sicht einen Einblick in das Maßnahmenpaket der neuen Regierung zur Stabilisierung der weltweiten Ökonomiekrise aber auch zu den Maßnahmen im Hinblick auf die Außen und Sicherheitspolitik, sowie die Innen und Gesellschaftspolitik.