Den Auftakt zu dieser halbtägigen Veranstaltung machte Dr. jur. Christoph Streiß, Universität Trier. Er beleuchtete die juristischen Aspekte des Trennungsgebotes und untersuchte seine einfachgesetzlichen sowie verfassungsrechtlichen Ausprägungen.
Dabei machte er deutlich, dass das Trennugsgebot vor allem ein politischer Begriff sei, der auch von den Medien emotional ("nie wieder ein Reichssicherheitshauptamt") aufgeladen werde, während der juristische Begriff vor allem in seinen Inhalten vage bleibe. Differenziert wurde zwischen dem organisatorischen, dem personellen und dem informationellen Trennungsgebot. Während die ersten beiden (also keine gemeinsame Behörde und keine Personalunionen) relativ unstrittig seien, bestünden bei der Kooperation beider Akteure auf dem Gebiet der Datenerhebung und des Datenabgleichs in der Praxis erhebliche Fragen. Streiß kam zu dem Ergebnis, dass das Trennungsgebot zwar keinen Verfassungsrang besitze, dass aber Kriterien zur Bestimmung des Verhältnisses zwischen Polizei und Nachrichtendiensten sehr wohl aus dem Grundgesetz abgeleitet werden könnten und sich in der Praxis ausdifferenzieren würden - so z.B. aus dem Rechtsstaatsprinzip, dem Prinzip der Gefahrenabwehr oder den Grundrechten. Aktuelle Herausforderungen für eine Neujustierung des Verhältnisses zwischen Polizei und Nachrichtendiensten sah Streiß in der Zusammenarbeit in diversen Gemeinsamen Zentren wie dem Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum (GTAZ), dem Gemeinsamen Intenet Zentrum (GIZ), oder dem dem neuen Gemeinsamen Abwehrzentrum Rechtsterrorismus (GAR) sowie bei der Aufgabenüberschneidung zwischen Polizei und Nachrichtendiensten, etwa im Bereich der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität oder der Terrorismusbekämpfung.
In der anschließenden Diskussion ging es um die Frage, ob das Trennungsgebot durch die zunehmenden Befugnisse der Polizei auf lange Sicht nicht obsolet würde. Muss man der historischen Auslegung nicht eine weitaus größere Bedeutung zu messen? Falls es Verfassungsrang haben sollte, wie sieht die inhaltliche Ausgestaltung aus? Eine herrschende Meinung konnte sich zu der Thematik bislang nicht herausbilden; auch das Bundesverfassungsgericht hat sich zu zu der Frage nach dem Verfassungsrang des Trennungsgebotes bisher nicht eindeutig geäußert.
Im Anschluss betrachtete der Bundestagsabgeordnete und Mitglied des Innenausschusses, Wolfgang Wieland, das Trennungsgebot aus Sicht der Politik. Aktuell in diesem Zusammenhang erörterte er u.a. Fragen in Zusammenhang mit der Errichtung des Untersuchungsausschusses zur Mordserie der „Zwickauer Zelle“, der Antiterrordatei sowie der neuen Rechtsextremismusdatei. Das Trennungsgebot sei Bestandteil der föderalen Sicherheitsarchitektur Deutschlands, habe sich bewährt und es gäbe keine ernsthaften Bestrebungen, es abzuschaffen. Große Entwürfe für eine neue Sicherheitsarchitektur - etwa nach Maßgabe der Werthebachkommission - hätten aber, so Wieland, in Deutschland derzeit keine Chance zur Umsetzung. Die Sicherheitsarchitektur bliebe daher teilweise inkohärent, nicht aus einem Guß und regelungstechnisch ubiquitär.
Das abschließende Panel bildeten Dr. Manfred Murck, Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz in Hamburg, ein Kriminaldirektor beim Bundeskriminalamt und Mitarbeiter im GTAZ sowie Prof. Dr. Dieter Kugelmann von der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster. Die Paneldiskussion schaffte den Brückenschlag zwischen den Institutionen und zeigte die unterschiedlichen Auffassungen zum Trennungsgebot in Theorie und Praxis. Wird der Verfassungsschutz immer mehr von der Polizei vereinnahmt? Stellt sich deshalb die Frage des Trennungsgebotes aus befugnisrechtlicher Sicht bald nicht mehr ? Sind die erweiterten Befugnisse für die Polizei im Zuge der technischen Fortentwicklung notwendig? Oder bedarf es nicht einfach einer stärkeren Verrechtlichung, welche für mehr Rechtsschutz und Rechtssicherheit sorgen würde? Wer kontrolliert die Polizei und die Geheimdienste, wenn Landesämter für Verfassungsschutz zusammengelegt werden und Zuständigkeiten sich überschneiden?
Die Veranstaltung konnte wesentliche Impulse für die Diskussion des Trennungsgebotes und der deutschen Sicherheitsarchitektur geben und diese im innenpolitischen Kontext einordnen.
Autoren: Dr. Wolfgang Christian Fuchs und Dr. Roman Schmidt-Radefeldt