Zwei Tage lang diskutieren in der GTZ-Repräsentanz in Berlin verschiedene Ressortvertreter aus dem BMZ, dem Bundesministerium der Verteidigung und dem Auswärtigen Amt mit Experten aus der GTZ, Forschungsinstituten und Nichtregierungsorganisationen aus dem In- und Ausland, die als Vermittler in Friedensprozessen fungieren.
Gefahr entsorgt
Quelle: © GTZ / Ursula Meissner.
Auf Grundlage der 2009 gewonnenen Ergebnisse gingen die Teilnehmer in insgesamt drei Roundtable-Gesprächen nun konkreter der Frage nach, wann und wie mit nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen in Friedensprozessen interagiert werden kann. Unter Chatham House Rules wurden in offener und konstruktiver Atmosphäre folgende Fragestellungen diskutiert: Unter welchen Umständen sind Kontakte zu und der Umgang mit NSGA angemessen? Welche Vorbedingungen sind dafür notwendig? Welche Möglichkeiten haben externe Akteure die Transformation nicht-staatlicher Gewaltakteure zu einem nicht-gewalttätigen politischen Akteur zu unterstützen? Als roter Faden zog sich durch die Veranstaltung die Frage, ob und wie staatliche und nicht-staatliche externe Akteure ihre jeweiligen komparativen Vorteile für ein sich ergänzendes Vorgehen nutzen können.
Unabhängig von den verschiedenen Perspektiven der Teilnehmer über Zeitpunkt und Umsetzung herrschte Einigkeit darüber, dass eine Zusammenarbeit mit nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen in Friedensprozessen oftmals unumgänglich ist. Um Konfliktbearbeitung und Friedensentwicklung in Krisenregionen erfolgreich und nachhaltig zu unterstützen, müssen diese Akteure angemessen berücksichtigt werden. Hierbei ist eine Analyse und Bewertung ihrer Ziele, Zielumsetzungen, Organisation, Legitimation bei der Bevölkerung und innere Strukturen sowie ihrer Ressourcen notwendig. Wichtig sind hierbei auch die Grenzen, die einen Umgang ausschließen könnten wie etwa grobe Menschenrechtsverletzungen, Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht, eine Gefahr für die Sicherheit der eigenen Mitarbeiter sowie das Fehlen von politischen Zielen und politischer Legitimation bei den nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen.
Nichtstaatliche bewaffnete Gruppen lassen sich nur dann auf Gespräche und Friedensprozesse ein, wenn sie die Chance und Möglichkeit zur Änderung und zu einer friedlichen Interessensvertretung mit Vorteilen sehen. Ziel der externen Akteure muss es sein, die Transformation der nichtstaatlichen bewaffneten Gruppe zu einer politischen Partei ohne Gewaltanwendung zu unterstützen. Einige Teilnehmer schlugen vor, dass hierzu als Anreiz eine regelmäßige Überprüfung der sogenannten Terrorlisten dienen könnte. Für erfolgreiche Verhandlungen sollten Vertreter der Gruppe zielgerichtet vorbereitet werden. Dies geschieht meist nach Anfrage der staatlichen Konfliktpartei. Da Friedensprozesse als langwierige Entwicklungen gesehen werden müssen, ist langfristiges Engagement notwendig, das sich um die Umsetzung von Verhandlungsvereinbarungen bemüht.
Deutlich wurden bei der Diskussion die verschiedenen Rollen, Verantwortlichkeiten und Möglichkeiten der staatlichen Akteure und Nichtregierungsorganisationen, die sich um Friedensprozesse bemühen. Neben den komplementären Ansätzen wurden darüber hinaus Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Nichtregierungsorganisation und Staaten erörtert und diskutiert. Es herrschte Übereinstimmung, dass zivilgesellschaftliche und staatliche Akteuren bei der Unterstützung von Friedensprozessen und der Einbeziehung von NSAG komplementär arbeiten können sowie dass gemeinsame Analysen und Bewertungen förderlich sind; kritisch diskutiert wurde die Frage, inwieweit ein gleichzeitiges militärisches Engagement staatlicher Akteure die Möglichkeit des Umgangs mit nicht staatlichen bewaffneten Gruppen einschränkt.
Autor: Christine Meissler