In Zeiten der Krise war der ukrainische Botschafter Pavlo Klimkin am 26. März 2014 zu Gast an der Bundesakademie. Er äußerte sich vertraulich zu den Entwicklungen in der Ukraine und auf der Krim.
Begonnen hatte die Ukraine- und Krimkrise noch mit den Demonstrationen des „Euromaidan“ im vergangenen Jahr, aber mit der russischen Intervention auf der Halbinsel im Schwarzen Meer hält die Lage in Osteuropa die gesamte internationale Gemeinschaft seit Februar 2014 in Atem.
Im vertraulichen Hintergrundgespräch in Pankow bekräftigte nun der Botschafter Kiews in Berlin, Pavlo Klimkin, mit Nachdruck die Zugehörigkeit der Krim zur Ukraine. Er äußerte Zweifel an der Rechtmäßigkeit sowie Repräsentativität der am 16. März abgehaltenen Volksabstimmung: Weder nach ukrainischen rechtlichen Maßstäben noch nach jenen der bislang weitgehend autonomen Halbinsel sei das Referendum verfassungsgemäß gewesen. Zudem stehe das Ergebnis des Referendums in starkem Kontrast zu zuvor abgehaltenen Umfragen, laut denen maximal 41 Prozent der Bevölkerung einem Beitritt zur Russischen Föderation zustimmten.
Klimkin betonte die Notwendigkeit einer Diversifizierung der ukrainischen Wirtschaft, damit das Land ökonomische Unabhängigkeit erlangt. Er zeigte sich im Hinblick auf die vielsprechenden Kooperationsansätze mit der Europäischen Union optimistisch: Die Transitvereinbarungen mit Polen, Ungarn, Rumänien und der Slowakei seien hier nur der Beginn einer tiefergehenden Zusammenarbeit. Für die Zukunft erhofft sich der Botschafter ein großes Engagement der deutschen Wirtschaft. Vor allem in der Landwirtschaft und in der IT-Branche ergäben sich aus seiner Sicht für beide Seiten große Chancen.
Die für diesen ökonomischen Aufbau benötigte internationale Unterstützung sowie die daran geknüpften Bedingungen – wie etwa ein Monitoring durch den Weltwährungsfond oder die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung – beurteilte Klimkin positiv. Diese hätten das Potential, den Reformprozess innerhalb der Ukraine nachhaltig voranzutreiben. Die positiven Wirtschaftsprognosen erforderten nach Ansicht des Botschafters noch einen Konsens auf nationaler und internationaler Ebene, um zu echtem Fortschritt zu führen. Pavlo Klimkin, ukrainischer Botschafter in Deutschland: „Ich wünsche mir den ‚American Dream‘ für die Ukraine.“
Über die Rolle der Ukraine zwischen Ost und West, zwischen EU, NATO und „Eurasischer Union“ mahnte Klimkin, dass sein Land nicht am Rande stehen dürfe: Neben einer Verständigung zwischen den USA, der EU und Russland über die gegenwärtige Krise sei die Einbindung der Ukraine in den Dialog absolut notwendig.
Was die Lage in seinem Heimatland betrifft, meinte Klimkin, dass es vor allem zu einem Einvernehmen der Ukrainer kommen müsse, um Reformen umzusetzen und Fortschritte zu erzielen. Als einigendes Moment sieht er allerdings den in der Ukraine fest verwurzelten „Geist der Freiheit“. Dieser von allen Bevölkerungsgruppen gleichermaßen geteilte Gedanke könne sich als Schlüssel für eine erfolgreiche Zukunft des Landes erweisen.
Botschafter Pavlo Klimkin vertritt seit Juni 2012 die Ukraine in Berlin. Er wurde 1967 in Kursk geboren, schloss 1991 er sein Studium der Physik und angewandten Mathematik in Moskau ab. 1993 begann er eine Laufbahn im ukrainischen Außenministerium, wobei er bereits von 1997 bis 2000 an der Botschaft in Deutschland tätig gewesen war.
Die Veranstaltung mit Botschafter Klimkin bildete den Auftakt zu einem neuen Veranstaltungsformat der Bundesakademie: „BAKS direkt“, wie fortan die Presse-Hintergrundgespräche in der Schlossanlage Schönhausen heißen. Ausgewählte Medienvertreter erhalten hier aus erster Hand Informationen von wichtigen Entscheidungsträgern der Sicherheitspolitik in Deutschland – ganz im Vertrauen und „unter drei“.
Autoren: Michael Lorke, Tim Alexandrin