Wie auch in den vergangenen Jahren, führte die BAKS 2010 ihr sicherheitspolitisches Seminar für Bundestagsmitarbeiter durch.
„Panel Afghanistan“ mit Vertretern von (v.l.n.r) BMZ, BMI, BAKS, BMVg und AA
Quelle: Bundesakademie für Sicherheitspolitik
Am Dienstag, den 17. Februar, begrüßte die BAKS zum wiederholten Male 50 Bundestagsmitarbeiter zu einem sicherheitspolitischen Seminar. Die Veranstaltung richtet sich an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundestagsabgeordneten, die einen Sitz in den sicherheitsrelevanten Ausschüssen des Bundestages haben. Ziel ist es, neben einer allgemeinen Vorstellung der Arbeit der Akademie mit den Mitarbeitern ins Gespräch zu kommen. In der Mehrzahl handelt es sich dabei um wissenschaftliche Mitarbeiter und Büroleiter von Abgeordneten. Ihre Aufgabe ist unter anderem, die Abgeordneten mit entsprechenden Fachinformationen zu sicherheitspolitischen Fragen zu versorgen und Hintergrundrecherche zu betreiben.Nach der Begrüßung durch Vizepräsident Dr. Thomas Kurz erläuterte der Direktor Lehre und Chef des Stabes Oberst i.G. Wolfgang Geist den Gästen Auftrag und Ziele der BAKS als höchstrangige ressortübergreifende Weiterbildungseinrichtung Deutschlands auf dem Gebiet der Sicherheitspolitik und bot an, die Akademie für die Arbeit der Mitarbeiter nutzen zu können.
Aufbauend auf dem Grundverständnis der Akademie von Sicherheitspolitik, also umfassend, vernetzt und strategisch, stieg Prof (em) Dr. Christian Hacke nach dem Mittagessen in den inhaltlichen Diskurs ein. In seinem Vortrag „Sicherheitspolitik heute: umfassend verstehen – vernetzt gestalten – strategisch ausrichten; Zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ spannte er einen zeithistorischen Bogen über das Grundverständnis von (vernetzter) Sicherheit aus den Zeiten des Kalten Krieges bis heute, stellte die aus seiner Sicht erkennbaren fünf Dimensionen vernetzter Sicherheit dar und zog anschließend eine Bilanz zu Anspruch und Wirklichkeit im Umgang mit sicherheitspolitischen Herausforderungen der heutigen Zeit.
Für Professor Hacke gehören ökonomisch, ökologisch und klassisch militärische Komponenten, Humane Sicherheit und die paradoxe vernetzte Abhängigkeit autokratischer und demokratischer Staaten als fünf zentrale Dimensionen, zum Kern umfassend vernetzter Sicherheit. Gerade aber diese Komplexität birgt für Hacke auch die „Fallen im Umgang mit vernetzter Sicherheit“. „Wenn Sie alles mit allem vernetzten wollen, vernetzen Sie nichts“, so der Professor in seinen Ausführungen. Die Zuständigkeiten müssen klar geregelt werden und bleiben. Nie darf man die Frage der Effektivität des Handelns aus den Augen verlieren. Was ist der Zweck des Vorgehens, wer macht was, wie sind die Aufgaben aber auch die Lasten verteilt und welche Schwerpunkte sind zu setzen? Es gibt nach Hacke noch viele Fragen zu beantworten und er warnte davor, „comprehensive security“ zum Kampfbegriff werden zu lassen. „Wenn sich jeder das heraus nimmt, was er gerne möchte, ist am Ende keinem gedient“, sagte der Professor in seinen Schlussworten. Die Gäste des Seminars rief er auf, wachsam und interessiert zu sein. „Nicht alles, was Sie sagen und schreiben, wird das Wohlgefallen ihrer Chefs finden, nicht weil es falsch wäre, sondern weil es vielleicht politisch unbequem ist. Sagen und schreiben Sie es trotzdem. Nur so kann das alte Konzept der „secura“ – ohne Sorgen den neuen Herausforderungen gerecht werden.“
Im Rahmen der anschließenden Paneldiskussion hatten die Bundestagsmitarbeiter die Gelegenheit, sich mit genau dieser Praxis der vernetzten Sicherheit am Beispiel der Krisenregion Afghanistan auseinanderzusetzen.
Vertreter aus vier Ressorts des Bundessicherheitsrats diskutierten mit den Teilnehmern zum Thema „Wie geht es weiter in Afghanistan?“. Der stellvertretende Leiter des Einsatzführungsstabes BMVg Brigadegeneral Dieter Warnecke diskutierte gemeinsam mit Simone Stemmler, der Referentin im Sonderstab Afghanistan/Pakistan im Auswärtigen Amt, Ministerialrätin Dagmar Busch Expertin im Bereich Polizeiausbildung in Afghanistan aus dem BMI und Martin Kipping aus dem Afghanistan Referat des BMZ über die aktuelle Situation, die im Rahmen der Londonkonferenz verabredeten Zielsetzungen und sich daraus ergebende Folgerungen für das Engagement der internationalen Gemeinschaft. Dabei betonte Warnecke die vernetzte Abhängigkeit der drei Leitlinien der Mission, das Schaffen von Sicherheit – Guter Regierungsführung – Wiederaufbau. Sein Fazit zur Afghanistankonferenz in London: Die dort geschaffenen verbesserten Rahmenbedingungen werden zu einer verbesserten Lage vor Ort führen, so dass Probleme Stück für Stück weiter beseitigt werden können. Als Lead Nation für den Polizeiaufbau in Afghanistan kommt Deutschland eine besondere Rolle in der Ausbildung zu. Busch stimmte dem zu, stellte aber das Freiwilligenprinzip als Grundlage des Engagements deutscher Polizisten als Kernaspekt heraus. Stemmler lobte unter anderem die gute Kommunikation zwischen den Partnern vor Ort, vor allem auch mit der afghanischen Regierung, obwohl das hohe Maß an Korruption eine der größten Herausforderungen und Erfolgshindernisse bleibe. Eine Feststellung, die auch der Vertreter des BMZ teilte. Die Herausforderungen blieben groß, dennoch ist zu beachten, dass Afghanistan bereits vor dem Einsatz ein sehr armes, sprich ein Entwicklungsland, war. Vieles, was heute dort im Rahmen des Wiederaufbaus aufgebaut wird, war vorher gar nicht da, so Kipping in seinen Ausführungen. Während der Diskussion sprach man auch über die mediale Wahrnehmung des Afghanistaneinsatzes in der deutschen Öffentlichkeit. Leider stünden zu oft die Kritik und die auch feststellbaren Rückschläge im Vordergrund und dies verhindere eine Wahrnehmung der vielen erkennbaren positiven Entwicklungen vor Ort.
In seinem Schlusswort dankte Dr. Kurz für das gezeigte Interesse an der Veranstaltung und bot an den Dialog mit den Bundestagsmitarbeitern gerne zu vertiefen. „Nutzen Sie die Akademie auch für Ihre Arbeit!“