Wenn der Chef eines Geheimdienstes Journalisten Einblicke in seine Erkenntnisse über die Sicherheitslage der Welt gibt, dann ist dies immer etwas Besonderes. In jedem Staat. Ein Geheimdienst, der also manchmal gar nicht so geheim ist, steht für eine offene Gesellschaft und für Bürgernähe, wie der BND-Chef in seinem Kamingespräch in Berlin-Schönhausen bewies.
Nicht alle Geheimdienste kommen bei gleicher Faktenlage zum selben Ergebnis, erklärte Schindler
Quelle: Bundesakademie für Sicherheitspolitik
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung nannte Gerhard Schindler im August 2012 einen „uneitlen Terrorismusbekämpfer“, der „frischen Wind in den BND“ bringe. Genau so präsentierte sich der BND-Chef, der seit 7. Dezember 2011 im Amt ist, der Journalistenrunde. Zunächst begann er, über seine Behörde im Allgemeinen zu sprechen. Insgesamt beschäftigt der Bundesnachrichtendienst eine vierstellige Zahl Mitarbeiter.
Anhand von Fallbeispielen machte er nachvollziehbar deutlich, wie er begonnen habe, seine Behörde zu entbürokratisieren und zu modernisieren. Schindler betonte mehrfach, dass er den BND in erster Linie als Dienstleister für Bundesregierung und Parlament betrachte. Schnell kam er danach auf bekannte Problempunkte der Welt zu sprechen und erläuterte die Sichtweise seiner Behörde und warum sie manchmal von der Medienmeinung abweiche. Auch begründete er an mehreren Beispielen, warum sich die Einschätzung des Bundesnachrichtendienstes von der anderer ausländischer Geheimdienste unterscheide oder warum man zu völlig anderen Bewertungen kommen könne. In der Regel würden solche divergierenden Analysen bei gleicher Faktenlage auf unterschiedlich eingeschätzten Bedrohungsszenarien beruhen, sagte Schindler. Schließlich sei nicht jedes Land gleichermaßen von einem bestimmten Problem betroffen.
Die Form der Kamingespräche wurde von Franklin Delano Roosevelt eingeführt, dem 32. Präsidenten der USA. Zwischen 1933 und 1945 hielt er von seinem Kamin aus dreißig Rundfunkansprachen, in denen er komplexe Themen jedermann verständlich zu machen suchte. Daraus hat sich im Laufe der Zeit das informelle Hintergrundgespräch namhafter Politiker und Leiter führender Organisationen mit einem kleinen Kreis vertrauenswürdiger Journalisten entwickelt. Die Bundesakademie für Sicherheitspolitik bietet seit mehreren Jahren die Plattform für solche Hintergrundgespräche zwischen hochstehenden Personen aus dem Gebiet der vernetzten Sicherheit und namhaften Journalisten.
Autor: Tom Goeller