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Hinter der Großen Firewall: Trierer China-Gespräche 2018

Wednesday, 19. December 2018

Wird China zur digitalen Supermacht? Darüber diskutierten Expertinnen und Experten bei den Trierer China-Gesprächen 2018 an der BAKS.

Smartphone vor chinesischer Landkarte und rotem Hintergrund

Ist China auf dem Weg zur digitalen Supermacht? Foto: geralt/pixabay/CC0.

Neuseeland – da denkt man an Hobbits und Schafe. Aus einem völlig anderen Grund machte der Inselstaat Ende November Schlagzeilen: Er schloss den chinesischen Konzern Huawei vom Aufbau des 5G-Mobilfunknetzes aus. Auch in anderen westlichen Staaten wächst das Misstrauen gegen chinesische Technologieunternehmen. Dahinter steht eine grundsätzliche Frage: Wie soll der Westen damit umgehen, dass China in Sachen Digitalisierung an Europa und den USA vorbeizuziehen droht? Bei den Trierer China-Gesprächen, einer Kooperationsveranstaltung zwischen dem Mercator Institute for China Studies (MERICS), der Konrad-Adenauer-Stiftung, dem Alumni-Verein der Politikwissenschaft an der Universität Trier und der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, analysierten Expertinnen und Experten die Chancen und Risiken für Deutschland und Europa.

Supermacht mit Abstrichen

Zwei geschäftlich gekleidete Männer sitzen nebeneinander an einem Tisch.

Innovation verträgt sich nicht mit Kontrolle, sagt Stephan Scheuer. Foto: BAKS/Sommerfeld.

Dass China rasant aufholt, war dabei Konsens. In der chinesischen Digitalwirtschaft herrsche „Goldgräberstimmung“, so Sophie-Charlotte Fischer von der ETH Zürich: „Mittlerweile treffen Sie viele ehemalige Mitarbeiter von Google oder Microsoft in Shanghai.“ Trotzdem dürfe man Chinas Digitalwirtschaft nicht überschätzen. „Je mehr Kontrolle es gibt, desto weniger Freiraum für Innovation ist da“, sagte der Journalist Stephan Scheuer – und die Kontrolle wachse unter Chinas Staatschef Xi Jinping weiter. Gerade die Internetzensur sei ein „ganz eklatanter Nachteil“ für die Branche. Professor Hans Uszkoreit vom German Research Center for Artificial Intelligence sagte, China sei in den Gebieten stark, die gerade “en vogue” seien. Anders sehe es bei Zukunftsthemen und der Grundlagenforschung aus, wo Europa und die USA vorne lägen. „Der Zug fährt schnell, aber er ist noch nicht ganz abgefahren“, bilanzierte Uszkoreit.

Kooperation statt Abschottung

Ein Zug steht im Bahnhof.

Eine Magnetschwebebahn in Shanghai:
Europa droht, abgehängt zu werden.
Foto: Sharon Hahn Darlin/flickr/CC BY 2.0.

Was muss Europa tun, um den Zug nicht zu verpassen? Für Deutschland forderte Uszkoreit eine neue Technologiepolitik: „Mehr Geld richtig ausgeben“ sei die Devise. Auch Scheuer sagte, Europa brauche Unternehmen, die groß genug sind, um globale Standards zu setzen. Durch Abschottung könne man lediglich „Inseln schaffen“. „Wir sollten uns auf keinen Fall verschließen“, forderte auch Uszkoreit. China sei weiterhin an europäischer Grundlagenforschung und der "Industrie 4.0" interessiert – und „diese Kooperationen sind alle Zweibahnstraßen“. Dabei müsse differenziert mit den verschiedenen chinesischen Akteuren kommuniziert werden, so Dr. Kristin Shi-Kupfer von MERICS: „Das ist kein geschlossenes Xi-Jinping-System.“

Die Kronjuwelen verteidigen

Eine Industrieanlage, darüber blauer Himmel.

Duisburg ist mehr für Industrie bekannt
- nun soll es zur Smart City werden.
Foto: MichaelGaida/pixabay/CC0.

Bei aller Kooperation dürfe Europa nicht naiv auftreten. Beigeordneter Martin Murrack, der mit der Hilfe von Huawei Duisburg zur Smart City umbauen will, sagte, Kooperation mit China sei nur mit „klar festgelegten Regeln“ möglich. Noch vorsichtiger gab sich Dr. Thomas Pattloch, der in der Wirtschaftskanzlei Taylor Wessing für Fragen des intellektuellen Eigentums in China zuständig ist. „China wird sich an keine Regeln halten“, sagte er und forderte: „Wir müssen Forschung verbinden mit Fragen des Marktzugangs“. Die EU solle für europäische Unternehmen die gleichen Rechte auf dem chinesischen Markt einfordern, die chinesische Investoren in Europa genießen. Gleichzeitig müsse über mehr Kontrolle von chinesischen Investitionen in Europa nachgedacht werden: „Ich glaube, dass wir uns daran gewöhnen müssen, unsere Kronjuwelen besser zu verteidigen.“ Das heißt nicht, dass Europa dem Beispiel von Neuseeland folgen sollte – aber doch, dass es sich denselben Fragen stellen muss.

Autorin: Katharina Münster