Deutsch-deutsche Geschichte zum Anfassen: Am 3. Juni hat eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern auf geschichtlicher Spurensuche den Historischen Saal der BAKS besucht.
Wo heute täglich hunderte Passanten, Spaziergänger und Schlossbesucher den offenen Campus der BAKS durchqueren, war bis 1990 Sperrgebiet: Das nach sowjetischem Vorbild so genannte Pankower „Städtchen“, das den Majakowskiring und die Schlossanlage Schönhausen umfasste, war hohen Funktionären der DDR-Führung vorbehalten. Das Schloss war zunächst Amtssitz des Staatspräsidenten, später Gästehaus der DDR-Regierung und die heutigen Gebäude der BAKS beherbergten Staatskanzlei, Konferenzsäle und Kasino. Doch auch bei der Wiedervereinigung Deutschlands sollte dem Ort große Bedeutung zukommen.
Die historische Bedeutung der Schlossanlage führt immer wieder Besuchergruppen an die Bundesakademie – so auch am 3. Juni im Rahmen des Projekts „Schüler auf Spurensuche – DDR vor Ort“ der Deutschen Gesellschaft e. V., die sich für die Förderung politischer, kultureller und sozialer Beziehungen in Europa einsetzt. “Vielen Jugendlichen ist heute nicht bewusst, dass sie gerade in Berlin täglich Spuren der DDR begegnen – diese architektonischen Zeitzeugen sind aber oft unspektakulär oder in neuer Form in das Stadtbild integriert worden“, sagte Madeleine Petschke, die das Projekt bei der Deutschen Gesellschaft e. V. betreut. „Deshalb möchten wir mit ihnen auf Spurensuche gehen, und dafür bietet Berlin-Pankow zahlreiche Orte“, so Frau Petschke weiter.
Ein Ort deutsch-deutscher Geschichte
Die Schülerinnen und Schüler hatten sich vor dem Besuch zunächst in einem Seminar mit dem politischen System der DDR sowie der Bedeutung von historischen Orten für die Erinnerungskultur und für die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit beschäftigt. Die kontrastreiche Architektur des Pankower „Städtchens“ mit seinen alten Villenbauten, ehemaligen Botschaftsgebäuden und dem durch eine Mauer umfassten Schlosspark lässt noch heute die Abgeschlossenheit des sozialistischen Staatsapparates erahnen.
Im Mittelpunkt des Interesses am Sitz der BAKS stand der Historische Saal. Dort wurde, wie der Publizist und Begleiter der Gruppe Hans-Michael Schulze den jungen Gästen erklärte, 1989 und 1990 Geschichte geschrieben: Zunächst tagte hier ab 1989 der Zentrale Runde Tisch, der Bürgerrechtsorganisationen und politische Parteien mit der letzten DDR-Regierung unter Hans Modrow zusammenführte. Im Juni 1990 fand im Saal die Zweite Runde der internationalen 2+4-Verhandlungen statt, aus denen die abschließende Regelung der Wiedervereinigung Deutschlands hervorging. Nach einer denkmalschutzgerechten Restaurierung von 2009 bis 2010 befindet sich der Historische Saal heute wieder weitgehend im Originalzustand. Sogar die Möblierung ist dieselbe geblieben und darf weiterhin benutzt werden, sodass die Schülerinnen und Schüler nicht nur symbolisch historische Plätze einnehmen durften.
Das Projekt „Schüler auf Spurensuche – DDR vor Ort“ wird durch die Bundesstiftung Aufarbeitung und die Bundeszentrale für politische Bildung unterstützt. Die Bundesakademie öffnet den Historischen Saal während des Akademiebetriebes immer mal wieder für öffentliche Veranstaltungen und Bildungsbesuche.
Autor: Sebastian Nieke